Fahrverbote für alte Autos in Österreich

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Deutliche Verschärfung des Feinstaubgesetzes und mehr Macht für die Länder: Eine Novelle ebnet den Weg für Umweltzonen und Fahrverbote in österreichischen Städten – Graz prescht nun vor.

Wien/Linz. Im Ministerrat ist am Dienstag eine Novelle zum IG-Luft (Immissionsschutzgesetz-Luft) beschlossen worden, das massive Auswirkungen auf ganz Österreich haben wird. Unter anderem sorgt die Novelle mit dem sperrigen Namen für eine deutliche Verschärfung des Feinstaubgesetzes, was den Verkehr in den Städten beschränken könnte.

Was das Gesetz, das Umweltminister Niki Berlakovich (VP) als „Meilenstein“ bezeichnet, im Detail bringt? Konkret gibt die Novelle, die noch vor dem Sommer im Parlament behandelt werden soll, den Landeshauptleuten deutlich mehr individuelle Befugnisse. „Die Grenzwerte sind einzuhalten, die Methoden und Maßnahmen bleiben aber dem jeweiligen Land überlassen“, betonte Berlakovich.

In der Praxis wird mit diesem Gesetz der Weg für Umweltzonen geebnet, wie sie in einigen deutschen Städten als Pilotprojekte laufen. Dort bekommen Pkw, je nach Schadstoffausstoß, ein spezielles Pickerl. Für besonders umweltschädigende Fahrzeuge gilt in bestimmten Zonen der Stadt ein absolutes Fahrverbot – was künftig auch für Österreich gelten soll.

Graz ist die erste österreichische Stadt, die wegen ihrer extrem hohen Feinstaubbelastung Umweltzonen auf Basis der Gesetzesnovelle einführen will. So wird es für Dieselfahrzeuge der Klassen Euro I und II sowie Euro III, sofern sie nicht mit Partikelfiltern nachgerüstet sind, ab dem Kalvarienberggürtel südwärts bis zur A2, rund um das Einkaufszentrum Murpark sowie in den Umlandgemeinden Seiersberg und Feldkirchen, Fahrverbote geben – der Norden von Graz ist ausgespart. Frühestens werden diese Pläne aber erst ab Herbst 2011 umgesetzt.

Oberösterreichs Umweltlandesrat Rudi Anschober (Grüne) begrüßt die Gesetzesnovelle und die Möglichkeit zur Ausweitung und Errichtung von Umweltschutzzonen ebenso wie die Möglichkeit, alte Industrieanlagen umwelttechnisch dem Stand der Technik anzupassen. Kritisch sieht Anschober einen Punkt, der von den Wirtschaftslandesräten aus Niederösterreich, Kärnten, Salzburg, Tirol, Vorarlberg, der Steiermark und Oberösterreich in das Gesetz reklamiert wurde: Bei neuen Anlagen wird nicht wie geplant der strengere IG-Luftwert, sondern der EU-Grenzwert herangezogen.

In der Wiener Stadtregierung sind Umweltzonen (knapp vor der Wien-Wahl) dagegen kein Thema. Dennoch wird im Umweltressort von Ulli Sima „die längst überfällige Novelle“ begrüßt. Künftig gebe es mehr Möglichkeiten bei der Genehmigung von Industrie-Altanlagen; außerdem könne man Partikelfilter für Baumaschinen einfordern und damit die Luftgüte Wiens verbessern, so eine Sprecherin.

Ein brisantes Detail: Die Grünen, aber auch die ÖVP – also die einzigen Koalitionspartner, falls die Wiener SPÖ ihre absolute Mehrheit am 10.Oktober verliert – haben in der Vergangenheit explizit Umweltzonen samt Fahrverbote für Wien gefordert; was eine nicht überraschende Reaktion der Autofahrerklubs auf die Novelle auslöst: Das Gesetz sei ineffizient und fragwürdig, so Arbö und ÖAMTC einhellig. Durch das Gesetz würden nur mehr Belastungen auf die Autofahrer zukommen.

Während die Gesetzesnovelle für Aufregung sorgt, veröffentlichte das Umweltbundesamt die aktuellen Feinstaubdaten: An 30Messstationen in Österreich ist der Grenzwert (PM10) heuer schon überschritten worden. Vor allem in Wien (zehn Stellen) und der Steiermark (neun Stellen) war die Luft häufig stark belastet; künftig könnte die Zahl der Feinstaubwarnungen weiter steigen: Mit dem neuen Immissionsschutzgesetz-Luft kommt nun auch ein Grenzwert für besonders kleinen Feinstaub (PM2,5).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2010)

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