AKH: Verdacht auf Korruption im Krankenhaus

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Macht man als unterlegener Mitbieter keinen Ärger, bekommt man Folgeaufträge, lauten die Vorwürfe gegen das AKH in Wien. Die Korruptions-Staatsanwaltschaft untersucht den Fall.

Wenn man als unterlegener Mitbieter keinen Ärger macht, können Eigentümer von Zulieferbetrieben des Allgemeinen Krankenhauses in Wien (AKH) damit rechnen, dass die eigene Firma irgendwann doch bei einem Auftrag zum Zug kommt. So in etwa lauten die Vorwürfe, mit denen sich derzeit das größte Krankenhaus Österreichs und das zuständige Gesundheitsressort der Stadtregierung herumschlagen müssen. Es geht um angebliche Mängel bei der Vergabe eines Auftrags im Wert von 15 Millionen Euro sowie ein (ebenfalls angeblich) unmoralisches Angebot des Spitals an einen unterlegenen Mitbieter. Die Folge: Gemeinsam mit den Ärzten sind derzeit die Fahnder der Wiener Korruptionsstaatsanwaltschaft im Spital auf Visite.

Anlass des Ärgers ist ein inzwischen abgeschlossenes Vergabeverfahren über den Zukauf von Leihpersonal. Den Zuschlag erhielt der Akademische Gästedienst in Österreich (AGO), der für 15 Millionen Euro aus dem Steuertopf 1050 Mitarbeiter – der Großteil davon ist Reinigungspersonal – vermitteln soll. Ein Mitbieter, der Wiener Personalvermittler Janus, fühlte sich übervorteilt und legte Einspruch beim Vergabekontrollsenat der Stadt ein. Ein Schritt, der die Angelegenheit entgleisen ließ.

Janus nämlich, sagt AKH-Direktor Reinhard Krepler, konfrontierte das Spital später mit noch schwereren Vorwürfen. Die mit der Vergabe betrauten Sachbearbeiter der Wirtschaftsabteilung sollen Janus nämlich nahegelegt haben, den Einspruch beim Vergabekontrollsenat zurückzuziehen. Im Gegenzug könne das Unternehmen damit rechnen, bei Folgeaufträgen berücksichtigt zu werden. Ein schwerer Vorwurf, den Janus auf Anfrage der „Presse“ jedoch nicht präzisieren wollte.

Beschuldigte abberufen

Im AKH und dem betreibenden Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) sorgten die Anschuldigungen jedoch für einigen Wirbel, der die gesamte Führungsspitze beschäftigte. Was tun, wenn an den Vorwürfen etwas dran sein sollte?

Angesichts des politisch heiklen Termins – im Herbst finden in Wien Gemeinderatswahlen statt – hielt man nach außen hin zunächst den Deckel drauf. Intern war eine Untersuchungskommission mit der Aufarbeitung der Anschuldigungen betraut. Ende vergangener Woche wurden die beteiligten Mitarbeiter aus der Wirtschaftsabteilung befragt. Unmittelbar Verantwortlichen gibt es jedoch keinen: Die Position des Abteilungsleiters ist derzeit nicht besetzt und wird nur interimistisch wahrgenommen.

Der Verdacht war jedenfalls stark genug, dass die Beschuldigten mit sofortiger Wirkung und bis auf Weiteres von ihren verantwortungsvollen Positionen abgezogen wurden. AKH-Chef Krepler betont jedoch, dass es bisher „keinen formellen Nachweis“ irgendeines Fehlverhaltens seiner Mitarbeiter gebe. Es steht also Aussage gegen Aussage.

Die Wahrheit sollen nun die Sonderermittler der Korruptionsstaatsanwaltschaft ans Licht bringen. Behördenchef Walter Geyer bestätigte auf Anfrage, dass das AKH selbst eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht hat. Der Verdacht lautet auf mögliche Unkorrektheiten bei einem Vergabeverfahren. Mehr wolle er aus „taktischen Überlegungen“ jedoch noch nicht sagen. Die Ermittlungen seien jedenfalls im Laufen.

Störaktion des Zweitbieters

Egal wie die Sache ausgeht: Für die zuständigen Staatsanwälte gibt es in jedem Fall einiges zu tun. Denn unabhängig von den Vorwürfen gegenüber dem Spital liefern sich auch die beiden Personaldienstleister AGO und Janus eine beinharte Auseinandersetzung. Denn durch die Beschwerde von Janus beim Vergabekontrollsenat fühlte sich der erfolgreiche Bestbieter zu Unrecht ins schlechte Licht gerückt.

Für Geschäftsführer Heinrich Lachmut ist die Sache ziemlich klar: Der unterlegene Konkurrent sei über das missglückte Geschäft derart verärgert, dass ihm alle Mittel recht seien, das AKH und AGO in Misskredit zu bringen. Für ihn ist klar, dass die beim Vergabekontrollsenat eingebrachte Beschwerde „schlichtweg falsch“ ist. Weshalb sein Unternehmen auch beschlossen habe, Janus wegen Kreditschädigung zu klagen.

Bei Janus will man sich dazu zum „gegenwärtigen Zeitpunkt“ nicht äußern.

Recherchen ergaben, dass Janus nicht nur in der Ausschreibung einem Konkurrenten unterlegen ist, sondern dadurch auch laufende Einkünfte verliert. Den mit Abstand größten Brocken des Pakets, die Krankenhausreinigung, hat man bisher nämlich selbst gemacht.

Wer ist politisch verantwortlich?

Für das Riesenspital am Gürtel sind politisch mehrere Stellen verantwortlich. Das ärztliche Personal gehört zur Med-Uni Wien und untersteht damit Rektor und Wissenschaftsministerium. Der Betrieb, in diesen Bereich fällt die nun untersuchte Auftragsvergabe, obliegt der Stadt Wien. Sie pumpt jährlich über 100 Mio. Euro Betriebskostenzuschuss ins AKH. Politisch dafür verantwortlich ist das Gesundheitsressort von Stadträtin Sonja Wehsely. Meinung, Seite 27

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22. Juli 2010)

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