Falsches Bein amputiert: Geldstrafe für zwei Ärzte

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Die Tiroler Ärzte hatten einer 91-jährigen Frau das gesunde Bein abgenommen. Sie wurden wegen fahrlässiger Körperverletzung zu Geldstrafen in der Höhe von 10.000 und 7200 Euro verurteilt.

Nach einer falschen Beinamputation bei einer 91-jährigen Patientin im Krankenhaus St. Johann in Tirol sind am Montag zwei Ärzte wegen fahrlässiger Körperverletzung am Innsbrucker Landesgericht zu einer unbedingten Geldstrafe verurteilt worden. Der 61-jährige Operateur fasste 10.000 Euro, der Mediziner, der den fehlerhaften Operationsplan erstellt hatte, 7200 Euro aus. Die Urteile waren vorerst nicht rechtskräftig.

Der Verteidiger des Erstangeklagten, Markus Abwerzger, und Staatsanwältin Gertraud Pfeifenberger gaben zunächst keine Erklärung ab. Der Verteidiger des Zweitangeklagten, Michael Steskal, meldete volle Berufung an. Der 91-Jährigen wurde von Richterin Helga Moser ein Teilschmerzensgeld von 5000 Euro zugesprochen.

Richterin: Unterm Strich eine "Katastrophe"

"Es sind viele Dinge passiert, die nicht passieren hätten dürfen", betonte die Richterin in ihrer Urteilsbegründung. Das habe damit begonnen, dass ein Eingriff an einer nicht ansprechbaren Person durchgeführt wurde, ohne ein Gericht einzuschalten. Für die Frau hätte eigentlich ein Sachwalter beantragt werden müssen, der statt ihr der Operation hätte zustimmen müssen. Die betagte Frau war dement. Ferner habe ein anderer Arzt als der Operateur die Aufnahme- und wieder ein anderer das Aufklärungsgespräch durchgeführt. Unterm Strich sei dann eine "Katastrophe" herausgekommen. Beim Erstangeklagten sei der Passus "unter besonders gefährlichen Verhältnissen" zu streichen gewesen. "Dass sie nicht in die Krankenakte gesehen haben, war aber eine grobe Fahrlässigkeit", sagte die Richterin in Richtung des Erstangeklagten.

Der Erstangeklagte, ein 61-jähriger Deutscher, bekannte sich zu Beginn der Verhandlung schuldig, mit der Einschränkung, dass aus seiner Sicht keine besonders gefährlichen Verhältnisse vorlagen. Er sei am Tag der Operation unter extremem Zeitdruck gestanden und kurzfristig zu dem Eingriff eingeteilt worden, so seine Rechtfertigung. "Ich habe mich auf den fehlerhaften Operationsplan verlassen", räumte der Angeklagte ein. Die Krankenakte wäre allerdings an Ort und Stelle verfügbar gewesen.

Der Verteidiger des zweiten Mediziners, der für den OP-Plan verantwortlich war, plädierte auf nicht schuldig. Sein Mandant habe ein "Tatsachengeständnis" abgegeben, sagte Steskal. Zwischen dem fehlerhaften OP-Plan und dem Eingriff seien mehr als 24 Stunden vergangen. Indes sei genug Zeit gewesen, den Irrtum zu korrigieren. Außerdem sei es die Pflicht des Operateurs, sich in der Krankenakte zu vergewissern und mit der Patientin Kontakt aufzunehmen. Nach der fehlerhaften Eintragung habe es noch eine Nachmittagsvisite, zwei Aufklärungsgespräche, eine Morgenbesprechung und eine Vormittagsvisite gegeben, betonte der Mediziner in seiner Aussage. "Dieser Argumentation kann ich nicht folgen", meinte Richterin Moser.

Krankes Bein bei zweiter Operation entfernt

Zu dem folgenschweren Fehler war es am 16. Juni dieses Jahres gekommen. Der Fall war erst nach zwei Wochen aufgrund von Medienberichten bekannt geworden. Die Frau litt an einer Gefäßerkrankung, die ein Bein stark in Mitleidenschaft gezogen hatte. Irrtümlich wurde ihr das gesunde, rechte Bein unterhalb der Hüfte abgenommen. Wenige Tage später musste sich die 91-Jährige einer zweiten Operation unterziehen, bei der auch das linke Bein amputiert wurde.

(APA)

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