Vorratsdaten: Mehr Kontrollen bei Justiz und Polizei

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Regierungsparteien bessern bei umstrittener Speicherung von Telekommunikationsdaten nach. In Planung ist u.a. ein zentrales Register, in der alle Behördenanfragen registriert werden.

Wien. Während Schwedens Parlament die von der EU geforderte Speicherung aller Telekommuniktionsdaten seiner Bürger zuletzt wegen massiver Grundrechtsbedenken abgelehnt hat, will Österreichs Regierung die sogenannte Vorratsdatenspeicherung Ende April vom Nationalrat beschließen lassen. Zwar gibt es insbesondere im SP-Klub auch Skeptiker, es gilt aber als fix, dass sich keiner von ihnen gegen die Parteilinie stellen wird. Einige Entschärfungen im Gesetzestext sollen den Kritikern nun die Argumente nehmen.

So sollen ausnahmslos alle Anfragen von Richtern, Staatsanwälten und Polizisten an die Telekom-Betreiber (wer hat wann und mit wem via Telefon, Handy oder Internet kommuniziert) zentral kanalisiert und dokumentiert werden. Karin Hakl, Telekom-Sprecherin der ÖVP, brachte am Donnerstag im zuständigen Parlamentsausschuss einen entsprechenden Antrag ein.

Der Plan ist, so ein unverhältnismäßig großes Interesse der Behörden am Kommunikationsverhalten der Bürger gar nicht erst aufkommen zu lassen. Wenigstens ein Mal im Jahr soll die zentrale Protokollierungsstelle nämlich dem Parlament berichten. Und das detailliert. Jede Anfrage nach Auskunft über die Vorratsdaten eines Bürgers muss dabei begründet (Verdacht) sein, inklusive Angabe über das vermutete Delikt. Damit will der Gesetzgeber verhindern, dass für die Auswertung von IP-Adressen der Verdacht auf Kinderpornografie zu häufig als Vorwand benutzt wird. Eben diese Begründung nimmt die Maßnahme nämlich von einer richterlichen Genehmigung aus. Zusätzlich soll die Datenschutzkommission in das Anfrageregister Einsicht nehmen dürfen.

Staatsanwalt prüft Staatsanwalt

Wie von einigen Abgeordneten zu erfahren war, laufen hinter den Kulissen die Vorbereitungen zu weiteren Kontrollmechanismen. So ist u.a. geplant, dass die staatsanwaltliche Anordnung zur Auswertung einer IP-Adresse nicht nur von einem, sondern wenigstens zwei Anklagevertretern unterzeichnet werden muss (Vieraugenprinzip). Auch diese Maßnahme soll möglichem Übereifer Einzelner präventiv vorbeugen. Zusätzlich ist beabsichtigt, die missbräuchliche Verwendung der ermittelten Daten nicht nur dienstrechtlich (Bruch des Amtsgeheimnisses), sondern auch strafrechtlich (verbotene Veröffentlichung) zu bestrafen. Möglich sind Freiheitsstrafen zwischen sechs und zwölf Monaten.

Laut „Presse“-Informationen dürften sich SPÖ und ÖVP über die Änderungen einig sein. Nicht ausgeräumt werden dadurch jedoch die grundrechtlichen Bedenken namhafter Experten zum neuen Gesetz an sich. Auch Berufsgruppen wie Ärzte, Rechtsanwälte und Journalisten fürchten um schutzwürdige Interessen von Patienten, Mandanten und Informanten.

Auf einen Blick

Die Vorratsdatenspeicherung hat Änderungen in Sicherheitspolizeigesetz (SPG), Strafprozessordnung (StPO) und Telekommunikationsgesetz (TKG) zur Folge. Sechs Monate lang wird gespeichert, wer wann wie lange mit wem kommuniziert hat. Inhaltsdaten (Text eines Mails, Telefongespräch selbst) sind ausgenommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2011)

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