Der Pater, der beim Heurigen predigt

Heurige Pater Ritt
Heurige Pater Ritt(c) Die Presse (Carola Timmel)
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Ab Sonntag bis 25. September zelebriert Pater Hubert Ritt von der Pfarre Grinzing in Gastgärten der Heurigen und Wirtshäuser Sonntagsmessen.

Wien. Pater Ritt aus Grinzing pfeift auf Konventionen: An mehreren Sonntagen im Sommer – ab morgen, Sonntag – predigt er kurzerhand in den Gastgärten der umliegenden Heurigen. Seinen Schäfchen scheint das – nach anfänglicher Skepsis – zu gefallen.

Hubert Ritt pokerte hoch, als er vor ungefähr einem Jahr die Grinzinger Pfarre übernahm. Denn die Gefahr war groß, dass er mit seiner Idee, die Messen während der Kirchen-Renovierungsarbeiten (Mai-September) in den Heurigen-Gärten abzuhalten, durchfällt. „Es hätte sicherlich andere Alternativen gegeben, wie etwa Räumlichkeiten in den umliegenden Schulen zu mieten“, erzählt der Pater.

Doch derartige Varianten waren ihm zu langweilig. Schließlich fand er eine Lösung, die naheliegender nicht hätte sein können: Er suchte bei den umliegenden Heurigen und Gasthöfen um Sonntagsasyl an. Die Skepsis der Heurigenwirte währte nicht lange. Nach kurzer Zeit herrschte regelrechter Andrang vor den Sonntagsmessen.

Wie kam die Idee bei den Leuten an? „Die waren neugierig, wollten wissen, wer dieser ,schräge‘ neue Pfarrer ist“, erinnert sich Ritt, der in den Jahren zuvor als Professor für Neues Testament an verschiedenen Universitäten Deutschlands tätig war.

„Mehr Wirte als Sonntage“

Zum Bedauern der Kirchengemeinde endeten mit Abschluss der Renovierungsarbeiten auch die Heurigenmessen. Ritt spürte die Enttäuschung und macht erneut eine Grinzing-Tour: „Ich hätte mehr Wirte gehabt als Sonntage.“ Daher werden auch heuer – bis 25. September – einige der Sonntagsmessen in den Gärten der Heurigen und Gasthöfe stattfinden.

Ob er sich dafür den Sanktus von höchster Kircheninstanz holte? „Wozu? Wer kann schon gegen etwas sein, was der Kirche nützt?“ Weder heuer noch im vergangenen Jahr sah er sich veranlasst, diese ungewöhnliche Aktion „genehmigen zu lassen“. Im Übrigen sei die Idee der „Geh-hin-Kirche“ gar nicht so neu. Bereits sein „Vorgänger“, Apostel Paulus, hätte in den Wohnhäusern und Gärten der Bevölkerung von Korinth gepredigt.

Für Ritt seien die Heurigenmessen übrigens nicht die erste Erfahrung dieser Art. Als ehemaliger Pfarrer verschiedener Gemeinden in Deutschland suchte er immer nach Möglichkeiten, zu den Leuten zu gehen. Insbesondere auf dem Land, wo Feuerwehrfest und Fußballspiel oftmals mit dem sonntäglichen Gottesdienst in Konkurrenz treten, „muss man sich als Pfarrer was einfallen lassen“.

Etliche Messen fanden daher auf dem Sportplatz oder auf „der Wies'n“ statt. Sein Engagement habe nichts mit Anbiederung zu tun, betont der Geistliche. Es gehe ihm lediglich darum, das von der Kirche so gepriesene „aggiornamento“ (Öffnung) auch zu leben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2011)

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