Mord an 14-Jähriger: Massive Angriffe auf Kopf und Hals

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Bad Ischl im Schockzustand, auf der Suche nach dem Motiv des brutalen Mords. Spekulationen darüber, was genau vorgefallen war, bevor es zur Bluttat kam, bleiben unbestimmt: Die Erklärungsversuche gehen ins Leere.

Bad Ischl. „Todeseintritt durch massives Schädel-Hirn-Trauma, verursacht durch mehrere Schläge in Verbindung mit Angriffen gegen den Hals“: Seit Donnerstag liegt das Obduktionsergebnis im Fall Paulina S. vor. Die 14-Jährige wurde gewürgt, bevor sie mit einem stumpfen Gegenstand erschlagen wurde, vermutlich auf dem Rücksitz eines roten Vans, der auf ihren Stiefvater angemeldet ist. Er und sein Sohn wurden Donnerstag festgenommen, über eine Untersuchungshaft wird heute, Freitag, entschieden. Ermittelt wird auch in Richtung eines sexuellen Motivs.

In Waldstück verscharrt

Zum dritten Mal an diesem Tag fährt ein Streifenwagen die gewundene Straße am Ortsrand von Bad Ischl entlang. Es ist dieselbe Straße, die Paulina S. jeden Tag auf ihrem Weg zur Schulbushaltestelle entlangging: nur ein paar hundert Meter vorbei an Häusern mit Geranien vor den Fenstern, gekiesten Auffahrten und niedrigen Zäunen.

Paulina S. ging diesen Weg, kurz bevor sie am vergangenen Dienstag um sieben Uhr früh in ein Auto gezerrt, ermordet und in einem Waldstück nahe des Schwarzensees verscharrt wurde. Die Hauptverdächtigen: ihr 48-jähriger Stiefvater und dessen Sohn, Paulinas 19-jähriger Stiefbruder, der vor einem Jahr an jener Schule maturierte, die Paulina besuchte und in der nun eine schwarze Flagge gehisst wurde und Mitschüler einen Altar mit Kerzen, Fotos und Blumen errichten.

Über die Männer ist wenig bekannt: Der 48-Jährige arbeitet als Fernfahrer, er soll auch in vergangenen Beziehungen zu dominant-aggressivem Verhalten geneigt haben und – zwar ohne einschlägige Vorstrafen – bereits in Konflikt mit der Justiz geraten sein. Der Sohn des 48-Jährigen gilt als eher introviertiert, höflich und umgänglich. Von dem Mann lebt die Mutter des Mädchens getrennt.

„Sie wird die Trennung bereuen“

Eine junge blonde Frau parkt ihr Auto am Wegrand nahe der Haltestelle, an der das Mädchen entführt wurde. Sie kennt Paulinas Familie – und einen der mutmaßlichen Täter: „Er hat zu ihr gesagt, sie wird die Trennung schon noch eines Tages bereuen.“

Spekulationen darüber, was genau vorgefallen war, bevor es zur Bluttat kam, bleiben unbestimmt: Die Erklärungsversuche gehen ins Leere, es sei etwas, womit keiner gerechnet habe, etwas, was eingeschlagen habe wie ein Blitz: „Plötzlich, aus heiterem Himmel.“

Die Tat soll von langer Hand geplant gewesen sein, das Erdloch, in dem man den Leichnam fand, war möglicherweise schon zuvor ausgehoben worden, die Rückbank des Vans, auf der später Blutspuren gefunden wurden, war neben einer Fahrbahn in Niederösterreich versteckt worden. Kurz nachdem die mutmaßlichen Täter zwei Tage später festgenommen wurden, fand man die Leiche des Mädchens. Ein Jäger soll den entscheidenden Hinweis geliefert haben, weil ihm der rote Van aufgefallen war.

Seit die 14-Jährige fort ist, hat sich Schweigen in der Siedlung ausgebreitet. Der Stiefvater und der Stiefbruder der Gymnasiastin werden indes weiterhin verhört: In den über 20 Stunden, die die Einvernahmen an diesem Nachmittag bereits mit Unterbrechungen andauern, sollen die beiden noch sehr wenig gesagt haben, sie verstricken sich in Widersprüche, möglicherweise versuchen sie, sich gegenseitig zu schützen. Dass ein Geständnis vorliegen soll, wird noch nicht bestätigt.

Im Zentrum der 14.000-Einwohner-Stadt scheint die Schwere dieser Tage noch nicht angekommen zu sein: Die Touristen sind da, die Dinge nehmen ihren gewohnten Lauf. Die meisten der unmittelbaren Nachbarn der Familie des Mädchens öffnen allerdings schon nicht mehr, wenn ihre Klingel gedrückt wird, einer von ihnen hat den Streifenwagen gerufen, um die Kameras von der Wohnung, in der Paulina S. mit ihren drei Geschwistern und ihrer Mutter, die aus Deutschland stammt, lebte, fernzuhalten. Die Tür zur Mansardenwohnung über der Tischlerei steht offen, ein Dalmatiner liegt, als würde er den Eingang bewachen, davor. „Nur wenn sie mit dem Hund spazieren gegangen ist“, sagt ein älterer Herr aus einem der umliegenden Häuser dann doch, „habe ich sie gesehen. Hier ist es nicht mehr wie früher, dass sich alle kennen, das war einmal.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2011)

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