Westbahnhof doch für Fernzüge

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Die ÖBB nehmen Pläne zurück, den Westbahnhof nur mit Regionalzügen anzufahren. Fernzüge verteilen sich künftig auf den alten West- und den neuen Hauptbahnhof.

Wien. Wenn heute um neun Uhr mit großem Pomp erstmals die 90 Geschäfte der „Bahnhofcity Wien West“ aufsperren, schwingen sowohl Hoffnung als auch ein wenig Sorge mit. Hoffnung, dass das Einkaufszentrum am Westbahnhof, das sich mit Supermärkten, zahlreichen Gastro-Shops, Mode-, Elektronik-, Buch- und Möbelhändlern, einer Bank- und einer Postfiliale als „Erweiterung der Mariahilfer Straße“ sieht, kommerzielle Erfolge feiern kann – nicht zuletzt dank des „Bahnhofsprivilegs“, das einigen Geschäften ermöglicht, auch sonntags offenzuhalten.

Nationale Fernzüge teilen sich auf

Sorge andererseits, dass die Rechnung nicht aufgeht – und dass ein Teil der Menschenströme auf dem Bahnhof schon bald versiegen könnte. 43.000 Menschen kommen hier täglich mit ÖBB-Zügen an und fahren von hier ab – eine wichtige Basismasse für das Einkaufszentrum. Aber das könnte sich schon bald ändern.

Denn in den kommenden Jahren stehen Bahnreisenden in Ostösterreich umfangreiche Änderungen ins Haus: Ende 2014 nimmt der neue Wiener Hauptbahnhof seinen Betrieb auf – und um seinem Namen gerecht zu werden, sah der ursprüngliche Plan der ÖBB vor, dass alle Fernzüge, also auch jene mit Reisenden und Pendlern aus Salzburg, Linz, Sankt Pölten, ab dann den Hauptbahnhof ansteuern sollten. Eine Umstellung, die den Westbahn- zum bloßen Regionalbahnhof degradiert hätte. Hätte. Denn auch bei den ÖBB finden angesagte Revolutionen nicht immer statt.

Wie Herbert Ofner, Sprecher der ÖBB, der „Presse“ bestätigt, werden Fernzüge ab 2014 nun doch auch den Westbahnhof anfahren. „Alle internationalen Züge fahren auf den Hauptbahnhof“, erklärt Ofner, „die nationalen Züge (also etwa Intercitys aus Bregenz und Salzburg, Anm.) werden sich aber auf Haupt- und Westbahnhof aufteilen“. Wie viele genau jeweils welchen Bahnhof anfahren werden, steht noch nicht fest.

Für Reisende auf der Westbahnstrecke hat das den Vorteil, dass sie sich aussuchen können, ob sie den Westbahnhof – mit Anschluss an U3 und U6 – oder den Hauptbahnhof – mit Zugang zur U1 – ansteuern.

Konkurrenz Westbahn als Motiv?

Warum nun dieser Sinneswandel bei den Bundesbahnen? Dementiert wird jedenfalls, dass es die Angst vor der – für die ÖBB neue – Konkurrenz sei, die zur Rücknahme der Pläne für die Abwertung des Westbahnhofes geführt habe.

Die „Westbahn“, die private Eisenbahngesellschaft von Hans Peter Haselsteiner und Ex-ÖBB-Personenverkehrsvorstand Stefan Wehinger, die ab Dezember zwischen Wien und Salzburg verkehren wird, hat nämlich die Lücke erkannt, die sich ohne Fernzüge am Westbahnhof auftun wird: Sie steuert ihn ausschließlich an.

„Es war eines unserer Gründungsmotive, dass der Westbahnhof nicht ein bloßer Regionalbahnhof sein soll“, sagt „Westbahn“-Sprecher Manfred Mader. „Wir zielen genau auf Passagiere, die im Westen Wiens oder an der U3/U6 zu tun haben.“

Ein Vorhaben, dem die ÖBB nun Steine in den Weg legen, indem sie nun doch weiterhin den Westbahnhof mit Fernzügen anfahren. Eine Sorge weniger also für die Pächter der „Bahnhofcity“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2011)

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