Pokertische beschlagnahmt: Anzeige wegen Amtsmissbrauchs

(c) AP (BERND KAMMERER)
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Die Finanzpolizei hat im „Concord Card Casino“ Bregenz zwölf Pokertische eingezogen. Der Betreiber des Salons ortet „Behördenwillkür“.

Wien. Es sind Szenen wie während der Prohibition, die sich vor knapp einem Monat in Bregenz abgespielt haben: Rund 20 Finanzbeamte betreten einen Pokersalon – keinen geheimen, sondern das „Concord Card Casino“ (CCC), das seit 2009 eine Filiale im Zentrum der Landeshauptstadt betreibt –, lassen sich Ausweise von Spielern und Mitarbeitern zeigen und beschlagnahmen schließlich alle zwölf Pokertische. Wobei „beschlagnahmen“ heißt: Die Tische werden zur Seite gekippt und versiegelt, sodass sie nicht mehr verwendet werden können.

Das sind die Tatsachen darüber, was am 19.April geschehen ist – und darin stimmen Finanzministerium und Peter Zanoni, Chef der „CCC“, überein. Wie die Aktion rechtlich zu qualifizieren ist, ist aber höchst strittig: Was das Ministerium als notwendiges Vorgehen gegen illegales Glücksspiel sieht, ist für Zanoni Schikane, Überschreitung von Befugnissen, Amtsmissbrauch, kurz: Willkür gegen ein erfolgreiches Unternehmen.

Ist Poker ein Glücksspiel?

Zanoni hat nach der Aktion das volle rechtliche Programm gegen die Finanzbeamten aufgefahren: Anzeige wegen Amtsmissbrauchs und Dienstaufsichtsbeschwerde gegen alle beteiligten Beamten von Wilfried Lehner, dem Leiter der Finanzpolizei, abwärts, außerdem Rechtsmittel dagegen beim UVS und ein Rechtsschutzgesuch ans Justizministerium.

Denn Zanoni, der seit 1993 Pokersalons – inzwischen sind es elf in ganz Österreich – betreibt, vertritt die Meinung, dass Poker kein Glücksspiel sei. Damit, so Zanoni zur „Presse“, dürfe auch die Finanzpolizei nichts gegen seine Filialen unternehmen.

Denn strafrechtlich sei er 2004 vom Bezirksgericht Innere Stadt in Wien rechtskräftig vom Vorwurf des illegalen Glücksspiels durch den Betrieb seiner Pokersalons freigesprochen worden, erklärt der Unternehmer. Auch verwaltungsrechtlich sieht er sich auf der sicheren Seite: Sein Unternehmen verfüge über eine aufrechte Gewerbeberechtigung aus dem Jahr 2001 – wobei der Behörde schon damals klar gewesen sei, dass in seinen Etablissements Poker gespielt würde.

Dank Übergangsfristen dürften solche Unternehmen zumindest bis Ende dieses Jahres weiterarbeiten, obwohl das aktuelle Glücksspielgesetz Poker explizit als Glücksspiel bezeichnet. Für Zanoni sei es ein „Skandal“, dass die Finanzpolizei gegen ihn – „und meine Kunden“ eine Razzia durchgeführt hat, obwohl diese Tatsachen bekannt seien: Lehner habe ihm gegenüber in einem Gespräch nach der Beschlagnahme erklärt, er fühle sich an Urteile „niederer Gerichte“ nicht gebunden.

Finanzpolizeichef Lehner blickt der Anzeige gelassen entgegen: „In der Zwischenzeit bin ich's gewohnt“, erklärt der Beamte gegenüber der Austria Presse Agentur. Bis dato seien aber alle Verfahren eingestellt worden. Seit der Novellierung des Glücksspielgesetzes 2010 habe die Behörde rund 2600 Spielautomaten beschlagnahmt, fast jede Amtshandlung sei beanstandet worden. Vor dem Verwaltungsgerichtshof habe die Finanzpolizei aber „praktisch alle“ Verfahren gewonnen, so Lehner.

Für die Finanz stehe außer Frage, dass es sich bei Poker um ein Glücksspiel handelt. Und es gebe auch ein Judikat des VwGH, das die Beschlagnahme von Pokertischen gutheißt – insofern beobachte er den Verlauf des Verfahrens in Vorarlberg gelassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2012)

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