Missglückte OP? Opfer muss mit Sonde ernährt werden

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Symbolbild(c) FABRY Clemens
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Nach der Anklage der Staatsanwaltschaft wandte sich das Opfer via Anwalt an die Öffentlichkeit. Der Patient kann sich nur mittels Sonde ernähren.

Nach einer Operation an der Innsbrucker Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde (HNO) muss ein Patient „voraussichtlich bis an sein Lebensende mit einer speziellen Sonde ernährt werden“, teilte dessen Rechtsanwalt Thomas Juen in einer Aussendung mit. Ein Oberarzt und der Klinikvorstand operierten den Mann im März 2009. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck hat Anklage gegen die beiden Ärzte erhoben. Nun meldete sich erstmals das Opfer via Anwalt zu Wort.

Der Patient leide unter "massiven behandlungskausalen Artikulationsstörungen". Bei dem Eingriff sei ihm seines Erachtens nach durch den "Primar der HNO Innsbruck unnötigerweise derart viel Gewebe entnommen worden, dass nunmehr die Rinne des linken Mundbogens fehlt und die Hälfte der Zunge am Unterkiefer festgewachsen ist". Weiters sei dem Mann bei der Operation durch die "offensichtlich nicht fachgerechte Verwendung eines Meißels eine Unterkieferfraktur zugefügt" worden, zählte der Verteidiger auf. In diesem Zusammenhang von einem "beherzten" Vorgehen zu sprechen – wie es Klinik-Direktorin Alexandra Kofler getan hatte - , sei nach Ansicht seines Mandanten "schlichtweg entbehrlich und zynisch".

Kofler hatte in einer Pressekonferenz der Tilak (Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH) am Mittwoch das Eingreifen des zweitangeklagten HNO-Chef vor Journalisten als "beherzt" beschrieben. Erst durch ihn habe der Tumor vollständig entfernt werden können. Gegenüber dem erstangeklagten Oberarzt sei vonseiten der Tilak (Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH) jedenfalls ein "großer Vertrauensverlust" entstanden.

Auch Tilak sieht Fehlverhalten der Ärzte

Obwohl die Tilak laut Juen dem Oberarzt "eigenmächtiges und schuldhaftes Verhalten" vorwerfe und als zuständige Rechtsträgerin auch für dessen Fehlverhalten verantwortlich sei, habe sie sich gegenüber dem Geschädigten "bis zum heutigen Tage noch nicht zu einem Haftungsanerkenntnis durchringen können". Für den Rechtsbeistand und seinen Mandanten seien beide Ärzte für die Gesundheitsbeschwerden verantwortlich.

Dem erstangeklagten Oberarzt wird angelastet, dass er die Operation "ohne eigene genaue Untersuchung des Patienten und ohne Rücksprache mit den behandelnden Ärzten durchgeführt" habe. Zudem habe er nicht den vorgesehenen Operationsweg gewählt, hieß es in der Pressemitteilung.

Meißel nicht fachgerecht verwendet

Dem zweitangeklagten Klinikvorstand, der in weiterer Folge den Eingriff übernommen habe, wirft die Anklagebehörde vor, "unnötigerweise auch gesunde Schleimhaut entfernt und durch nicht fachgerechte Verwendung eines Meißels beim Patienten eine Unterkieferfraktur verursacht zu haben". Wegen des Schleimhautverlustes würde der Patient seither an einer funktionellen Störung der Zunge leiden.

Den beiden Angeklagten droht im Falle einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren. Einen Verhandlungstermin gibt es noch nicht.

Die zivilrechtlichen Schadenersatzansprüche des Patienten gegenüber der Tilak würden zur Zeit in einem außergerichtlichen Verfahren vor der Schiedsstelle in Arzthaftpflichtfragen für Tirol behandelt, erklärte Juen.

(APA)

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