Josef F. gesteht auch Mord und Sklaverei

Josef F.
Josef F. (c) EPA (Robert Jaeger/pool)
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"Ich hätte etwas tun müssen": Der Angeklagte im Amstettner Inzest-Prozess legt ein volles Geständnis ab. Bisher hatte er nur die "leichteren" Verbrechen zugegeben. Ihm droht lebenslange Haft.

Mit einem vollen Geständnis hat der Angeklagte im Prozess um den Inzest-Fall von Amstetten, der 73-jährige Josef F., am Mittwoch im Landesgericht St. Pölten alle überrascht, sogar seinen Verteidiger Rudolf Mayer. "Ich bekenne mich schuldig", sagte Josef F. und meinte damit auch erstmals den inkriminierten Mord durch Unterlassung und den Sklavenhandel. Bisher hatte sich der Angeklagte nur teilweise zur vollendeten Vergewaltigung, der schweren Nötigung, der Freiheitsentziehung und der Blutschande schuldig erklärt.

Mit einem Urteil rechnet Gerichtssprecher Franz Cutka nun für Donnerstagnachmittag. Zu den Plädoyers von Staatsanwältin Christiane Burkheiser und Verteidiger Rudolf Mayer werde die Öffentlichkeit zugelassen sein, kündigte Cutka an.

Mit seinem nunmehrigen Geständnis in vollem Umfang der Anklage am Mittwoch nimmt Josef F. eine lebenslange Freiheitsstrafe in Kauf. Sein Schuldbekenntnis, am Tod eines im Keller geborenen Säuglings vorsätzlich mitgewirkt zu haben, indem er es unterließ, den Buben die nötige ärztliche Hilfe zuteilwerden zu lassen, könnte das Gericht zur Verhängung der Höchststrafe über den 73-Jährigen ermächtigen.

"Hätte erkennen müssen, dass es dem Baby schlecht geht"

"Ich weiß nicht, warum ich nicht geholfen habe. Ich war der Hoffnung, dass er's (der Bub, Anm.) durchsteht", meinte F. in der Verhandlung am Mittwoch. Auf Befragen der Richterin räumte Josef F. ein, dass er bei der Zwillingsgeburt dabei war und bemerkte, dass der Säugling schwer atmete. "Ich bekenne mich schuldig. Ich hätte erkennen müssen, dass es dem Baby schlecht geht," sagte F. Nach Verhandlungsende am dritten Tag führte der 73-Jährige ein ausführliches Gespräch mit dem Psychiater, der zu seiner Betreuung abgestellt ist, sagte der stellvertretende Leiter der Justizanstalt St. Pölten, Erich Huber-Günsthofer. Die Leiche seines Sohnes verbrannte F. im Ofen. Die Asche verstreute er im Garten.

Laut einem neonatologischen Gutachten litt der kleine Michael an einem Atemnotsyndrom. Er wäre mit entsprechender medizinischer Versorgung zu retten gewesen. Die Expertise stützt sich auf die relativ detaillierten Angaben der Mutter. Diese erklärte, dass ihr Kind nach der Geburt schwer atmete, die Haut habe sich blau verfärbt, die Muskeln verhärtet. Auch machte sie Tagebucheintragungen über die Geburt.

Gesteht F. wirklich alles?

F.'s Geständnis löste bei Rechtsexperten Skepsis aus. Für der Wiener Strafrechtsprofessor Helmut Fuchs etwa liegt aus dem, was er Medienberichten entnommen hat, jedenfalls "kein volles Mordgeständnis" vor, wie er erklärte. Laut Fuchs sei es noch kein Geständnis, den Tod des kleinen Buben, dem Josef F. laut Anklage die überlebensnotwendige ärztliche Hilfe verweigert haben soll, vorsätzlich in Kauf genommen zu haben. Allenfalls liege ein Geständnis in Richtung fahrlässige Tötung vor, sagte Fuchs.

Für den Vorarlberger Psychiater und Gerichtsgutachter Reinhard Haller kam das Geständnis nicht überraschend. "Ich habe in irgendeiner Art und Weise mit einem Zusammenbruch gerechnet", erklärte der Experte. Entscheidend für F.s Handeln waren seiner Meinung nach die gestrige Präsentation des neonatologischen Gutachtens sowie die Video-Aussagen der Tochter.

Unterdessen wurde bekannt, dass die 42-jährige Tochter von Josef F. am Dienstag an der Verhandlung gegen den 73-Jährigen teilgenommen haben soll. Das berichtete der "Kurier" in seiner Mittwoch-Ausgabe. Demnach soll die Frau am Dienstag zum nichtöffentlichen Verhandlungstag - Journalisten und Kameraleute durften das Gerichtsgebäude nicht betreten - im Morgengrauen vom Landesklinikum Mauer bei Amstetten heimlich ins Gericht gebracht worden sein.

Tochter von F. schon am Montag dabei?

Gerichtssprecher Franz Cutka wollte sich dazu nicht äußern. Er könne dies "weder bestätigen noch dementieren". Unterdessen legte der "Kurier" in seiner Donnerstagausgabe nach: Demnach soll die 42-Jährige auch schon am Montag in der Verhandlung gewesen sein, nachdem die Öffentlichkeit vom Verfahren ausgeschlossen worden war.

Neben technischen Sachverständigen erläuterte auch Gerichtspsychiaterin Adelheid Kastner ihre Expertise über Josef F.: Sie forderte die Einweisung in eine Anstalt for geistig abnorme Rechtsbrecher. Aus gerichtspsychiatrischer Sicht sei Josef F. eine umfassende schwere Störung zu attestieren. Geisteskrankheit, Minderbegabung, tiefgreifende oder eine gleichwertige Bewusstseinsstörung - rechtliche Gründe für Nichtschuldfähigkeit - seien auszuschließen.

Wer aber gegen die innere Ordnung über einen so langen Zeitraum hindurch derart geplant und zielgerichtet handle, müsse schwer gestört sein, so Kastner. Für die Sachverständige stand außer Zweifel, dass der Angeklagte im Tatzeitraum zurechnungsfähig war: "Die Verantwortlichkeit für das, was Herr F. gemacht hat, kann ihm keiner nehmen."

(APA/Red.)

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