Gesundheit: Rauch-Debatte spaltet die Ärzteschaft

(c) AP (Fabian Bimmer)
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Kritik an Ärztekammer-Chef Dorner, der Wahlfreiheit für kleine Wirte fordert.

WIEN(pri). Die Nichtraucherschutz-Frage spaltet nicht nur die Bundesregierung in zwei Lager, neuerdings kämpfen auch führende Ärzte an verschiedenen Fronten. Manfred Neuberger, Vorstand des Instituts für Umwelthygiene an der Medizinischen Universität Wien, übt im „Presse“-Gespräch scharfe Kritik an seinem Kammer-Präsidenten.

Der Grund: Walter Dorner hatte sich in der gestrigen „Presse“ für die Wahlfreiheit kleiner Gastwirte ausgesprochen: In Lokalen unter 75 Quadratmetern sollte der Besitzer selbst entscheiden dürfen, ob er das Rauchen gestatten will. Mit dem Zusatz, dass Raucher-Lokale auch als solche gekennzeichnet werden müssten, ähnlich den Warnungen auf Zigarettenschachteln.

Ansagen, die einem Gutteil der Mediziner, wie Neuberger sagt, eher nicht zur Ehre gereichen: „Wir kommt Dorner dazu?“, fragt er. Offenbar sei auch der Ärztekammer-Präsident schon auf ÖVP-Linie eingeschwenkt, was aus medizinischer Sicht „nicht verantwortbar“ sei. Weil: „In kleinen Lokalen werden die Angestellten genauso krank. Dort ist die Nikotin-Konzentration sogar noch höher.“

Der Feinstaub-Experte plädiert für ein generelles Rauchverbot in der Lokalszenerie und versucht, diese Forderung „mit Zahlen und Fakten“ zu untermauern: Von 100 Lungenkrebs-Patienten könnten gerade einmal 15 geheilt werden. „Alle anderen sterben.“

Reform: Kampfmaßnahmen

Turbulente Zeiten kommen auch an anderer Front auf die Mediziner zu. Die Kurie der niedergelassenen Ärzte hat sich am Mittwoch zur ersten Sitzung nach der Präsentation des Sozialpartner-Papiers zur Gesundheitsreform versammelt. Die Ausgangsposition: 163 Millionen Euro sollen bei den Ärzten eingespart werden.

Die Reaktion von Kurien-Obmann Günther Wawrowsky: Man spiele in Gedanken sehr wohl mit Kampfmaßnahmen, einen Streik schließe er aber aus. Das sei „etwas für Arbeitnehmer“, referierte Wawrowksy in einer Pressekonferenz. Konkret wollte er nicht werden, nur so viel: „Ich hoffe, dass wir demnächst zu Gesprächen eingeladen werden, damit die medizinische Versorgung weiterhin gesichert bleiben kann. Denn auch wir haben unsere Grenzen.“

An den Inhalten des Papiers selbst ließ Wawrowsky kein gutes Haar: Es gehe bloß um die Einsparung von Kosten und nicht um Strukturreformen. Der einzig positive Ansatz: der Vorschlag zur Finanzierung aus einer Hand.

Kostenersatz nicht in Ordnung

In der Zwischenzeit meldete sich auch die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) in Person ihres neuen Obmanns Hans Jörg Schelling zur Wort: Der Kostenersatz der Krankenkassen für die Behandlung von Freizeitunfallopfern sei zu niedrig, der Pauschalbetrag für Arbeitsunfallopfer in Nicht-AUVA-Spitälern hingegen zu hoch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2008)


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