"Mars-Professor" Colin Pillinger gestorben

Professor Pillinger (+) und sein Mars-Lander
Professor Pillinger (+) und sein Mars-Lander "Beagle 2""Beagle 2 Team
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Der Engländer baute das Landegerät "Beagle 2", das 2003 von der ersten Mars-Sonde der ESA, Mars Express, zum Mars gebracht wurde. Beagle verschwand bei der Landung spurlos, Pillinger konnte das nie überwinden.

Er gab optisch das Bild eines verrückten Professors ab, doch verrückt - im negativen Sinne - war er nicht, wohl aber unkonventionell und etwas schräg, jedenfalls sehr respektiert. Mit seinem berühmtesten Projekt allerdings erlitt er leider Schiffbruch - und nun ist er tot: Der englische Chemiker und Planetenwissenschaftler Colin Pillinger starb heute Donnerstag, 8. Mai 2014, in einem Krankenhaus in Cambridge (Großbritannien), einen Tag vor seinem 71. Geburtstag, an einem Schlaganfall.

Pillinger (*1943 in Kingswood, westenglische Grafschaft South Gloucestershire) war Sohn eines Arbeiters, studierte Chemie und war als Forscher mit Schwerpunkt Planetenerkundung und Exo-Geologie an den Universitäten Cambridge und der Open University in Milton Keynes tätig. Er untersuchte unter anderem für die NASA Gesteinsproben vom Mond, wurde aber vor allem für sein Projekt der Marslandesonde "Beagle 2" bekannt.

Erste Marsmission Europas

Beagle 2 (Namensvorbild war das Schiff, auf dem Charles Darwin in den 1830ern seine Forschungsreise um die Welt unternahm) war ein Taschenuhr-förmiges, mit allem drum und dran nur etwa 60 Kilogramm schweres Gerät, das 2003 von der europäischen Mars-Sonde "Mars Express" huckepack zum Roten Planeten gebracht wurde. Mars Express, ein Projekt der ESA, war die erste Mars-Sonde Europas und trat am 25. Dezember 2003 in eine Umlaufbahn um den Mars ein.

Kurz zuvor, am 19. Dezember, war Beagle 2 abgekoppelt worden, sollte sich dem Mars nähern und dort in der Nacht auf den 25. Dezember landen. Fallschirme sollten die scheibenförmige Sonde in der Endphase auf eine Sinkgeschwindigkeit von etwa 60 km/h bremsen, dann sollten sich Airbags aufblasen, die Sonde vor dem Aufprall schützend umgeben und sich, wenn das ganze Gefährt einmal zur Ruhe gekommen sein würde, wieder entleeren und das Gerät freigeben. Von diesem hätten sich dann mehrere runde Solarpanele blütenförmig aufgefaltet und ein Bohrer namens "Pluto" sollte in bis zu 1,5 Meter Tiefe vordringen und Bodenproben extrahieren; diese würden in einem Ofen verbrannt werden, die entstehenden Gase sollten in Beagle selbst analysiert werden - das sollte Hinweise auf organische Substanzen, eventuell auf Mikroben im Boden, ergeben. Zudem waren Panoramakameras und andere Instrumente an Bord.

Vorstellung von Beagle 2 auf dem Mars
Vorstellung von Beagle 2 auf dem MarsESA

Doch Pillinger, und mit ihm die gesamte europäische Raumfahrt, hatte Pech: Beagle 2 verschwand spurlos. Nach seiner Entfaltung auf dem Boden hätte er ein Signal senden und eine Datenverbindung mit Mars Express im Orbit etablieren sollen, was indes nie geschah. Ungünstigerweise war der Abstieg des Roboters völlig autonom und ohne Datenlink, sodass nie geklärt werden konnte, was passiert war, und Beagle schließlich im Februar 2004 von der ESA für verloren erklärt wurde.

Als die Gesichter versteinerten

Der Autor dieser Zeilen war in der besagten Nacht zum 25. Dezember 2003 im zuständigen ESA-Kontrollzentrum in Darmstadt (Deutschland), von wo aus die Mission gesteuert wurde, dabei. Als in den frühen Morgenstunden dieses Weihnachtstages das Signal von Beagle nicht und nicht kam, verfinsterte sich die Stimmung im Kontrollzentrum und unter den vielen Gästen aus Wissenschaft, Politik und Medien deutlich. Professor Pillinger sah versteinert drein und es schien, als habe er Tränen in den Augen. Immerhin wurde der Orbiter Mars Express zu einem enormen Erfolg und ist noch aktiv.

Für den Verlust von Beagle 2 gibt es mehrere Theorien: Der Hitzeschild könnte defekt gewesen und die Sonde verglüht sein. Möglicherweise fielen die Fallschirme oder Airbags aus, es gab eine Crashlandung und die Kommunikationssysteme wurden beschädigt. Vielleicht verfehlte Beagle den Mars überhaupt oder landete in einem kleinen Krater, wo sich der Apparat nicht recht entfalten konnte.

Pillinger und sein Beagle
Pillinger und sein BeagleBBC

Tatsächlich behauptete Pillinger zwei Jahre später, auf Fotos von Nasa-Sonden im Marsorbit ließe sich Beagle tatsächlich in einem Krater nahe der Landestelle in der äquatornahen Region Isidis Planitia erkennen, er sitze dort fest und sei wohl beschädigt. Spätere Bilder des Mars Reconnaisance Orbiters von demselben Krater zeigten allerdings keine Hinweise auf Beagle dort.

Schwere Erkrankung ab 2005

Pillinger (er war verheiretet und hatte zwei Kinder) kam über den Verlust seines "Babies" - das ganze Beagle-Projekt hatte insgesamt die vergleichsweise geringe Summe von nur etwa 30 Millionen Euro gekostet - nie hinweg. Dazu wurde bei ihm 2005 Multiple Sklerose diagnostiziert und er wandte sich vermehrt seinem Hobby, einem Milchbauernhof, den er aber krankheitsbedingt bald nicht mehr bewirtschaften konnte. Mit seinem Vorschlag, ein weiteres Beagle-Gefährt auf einer anderen europäischen oder amerikanischen Mars-Sonde mitreisen zu lassen, kam er nie durch, und so musste er fortan mit Beinamen wie "Crash-Professor" leben. Immerhin wurde ein Asteroid im Asteroidengürtel nach ihm benannt, er erhielt diverse wissenschaftliche Ehrungen und wurde in die berühmte britische Gelehrtengesellschaft Royal Society aufgenommen.

Auftritt in "Transformers"

Im Science-Fiction-Film "Transformers" von 2007 wird das hypothetische Schicksal von Beagle 2 - im Film ist es allerdings ein beweglicher Rover der Nasa - übrigens aufgeklärt: Demnach landet Beagle sanft, schaltet sich ein, fährt los und wird nach wenigen Sekunden von einem riesigen bösen Decepticon-Roboter zerstört.

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