Nach drei Hopsern bei der Landung befindet sich das Minilabor in einer recht ungüngstigen Position. Und es hat nur mehr wenig Strom.
Da die Landung des Labors "Philae" auf seinem Ziel-Kometen am Dienstag nicht ganz planmäßig verlief, könnte der weitere Verlauf der vorgesehenen Untersuchungen gefährdet sein. Ein Problem ist vor allem die Stromversorgung. Der Lander liegt derzeit offenbar schräg neben einem Kraterrand oder einem Felsbrocken und zwar großteils im Schatten. Dies bedeutet, dass die Solarzellen weniger Strom als erwartet produzieren können, und die Primärbatterie (Kapazität 65 Stunden) dürfte am Freitag oder spätestens Samstag leer sein.
Bedeutet dies, dass das Anbohren des Kometen und das Entnehmen von Proben zur Analyse nichts wird? "Wir werden das Bohren heute oder heute Nacht zumindest versuchen, meinte Philae-Projektleiter Stephan Ulamec auf Anfrage von DiePresse.com: "Leider müssen wir damit rechnen, dass uns vorher die Energie ausgeht, wir bekommen nur sehr wenig Power vom Solar-Generator. Aber wir hatten bis jetzt so viel Glück, vielleicht klappt das auch noch". Über die Lage des Landers können man so viel mit Sicherheit sagen, dass knapp, also 25 bis 45 Zentimeter, unter der Baseplate des Vehikels Kometenmaterial sei.
Auch noch am Tag nach der spektakulären Landung von Philae auf dem Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko herrschte unter den Wissenschaftlern in Darmstadt riesige Euphorie: Philae, dessen Masse 98 Kilogramm beträgt, was aber wegen der weit geringeren Schwerkraft auf dem Kometen jetzt, einfach gesagt, nur einem Gewicht von etwa zwei Gramm entspricht, hatte am Mittwochnachmittag eine wilde Landung auf dem rund 510 Millionen Kilometer von der Erde entfernten Kometen hingelegt.
Erst nach drei Hopsern dürfte Philae auf der Kometenoberfläche zum Stillstand gekommen sein – und lieferte die ersten Bilder an das Satellitenkontrollzentrum der Europäischen Weltraumorganisation (ESA). In Schwarz-Weiß ist die Oberfläche des Kometen zu sehen samt Gestein – mit einem Durchmesser von wenigen Millimetern bis zu mehreren Metern – und Staub. Geschossen hat sie Philae beim Landeanflug.
In der Nacht auf Donnerstag habe kein Kontakt zu Philae bestanden, doch jetzt laufe die Verbindung gut, heißt es seitens der ESA. Das Labor scheine in einem „sehr soliden“ Zustand zu sein. Ulamec, der aus Salzburg stammende Projektleiter des Minilabors beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), bestätigte indes, dass die zwei Harpunen, die das auf der Erde 98 Kilogramm schwere Gerät (auf dem Kometen sind es wegen der geringeren Schwerkraft nur etwa zwei Gramm) mit dem Boden hätten verankern sollen, nicht ausgelöst hatten. Auch hatte eine Düse an der Oberseite von Philae, die ihn für fünf bis zehn Sekunden zu Boden hätte drücken sollen, nicht funktioniert.
„Alles ist noch im Fluss“
Auf die Frage der „Presse“, ob zumindest die Schrauben in den drei Standbeinen ausgelöst hätten, die sich in die Kometenoberfläche bohren sollten, meinte Ulamec: „Es ist alles noch so im Fluss, wir verstehen im Moment nicht ganz, was da oben abläuft. Aber er sendet und er scheint zu stehen.“
Zehn Jahre lang war Philae auf dem Rücken der Weltraumsonde Rosetta durch das All unterwegs gewesen. Die Landung am Mittwochnachmittag gilt als Meilenstein der Weltraumforschung. Philae durchleuchtet den Kometen mit Radiowellen und nimmt Bodenproben. Die Forscher erhoffen so Aufschluss über die Entstehung des Sonnensystems und über den Ursprung des Lebens zu erlangen.
Made in Austria
Technologie aus Österreich spielt bei der aktuellen Weltraummission eine wichtige Rolle: Komponenten für Instrumente an Bord der Weltraumsonde Rosetta stammen aus Österreich, genauso wie Instrumente in dem Minilabor Philae.
Erste Vorarbeiten für die Mission begannen bereits in den 1990er-Jahren. Die Reise der Sonde Rosetta durch das All dauerte zehn Jahre. Den Kometen wird Rosetta noch bis August 2015 begleiten. Dann hat der Komet 67P/Tschurjumow-Gerassimenko den sonnennächsten Punkt erreicht. Was dann passiert, ist noch ungewiss.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.11.2014)