Kardinal Schönborn macht im "Presse"-Interview klar: Die Papstwähler wollten eine Reform der Kurie. Und mehr Miteinander zwischen Papst und Ortskirche.
Die Wahl von Papst Franziskus muss ein Schock für viele hochrangige Mitglieder der vatikanischen Kurie gewesen sein. Eine schwere Niederlage für sie und die insgesamt 28 italienischen Kardinäle, die am Konklave teilgenommen haben, war die Zweidrittelmehrheit für den argentinischen Kardinal Jorge Mario Bergoglio jedenfalls.
Denn sie sind mit den im Vorfeld in Stellung gebrachten Kandidaten für die Nachfolge des zurückgetretenen Benedikts XVI. grandios gescheitert: Der für die Kurie berechenbar erscheinende Erzbischof Angelo Scola aus Mailand sollte den Stuhl Petri endlich wieder für einen Italiener sichern. Gleichzeitig machte sich der frühere Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano mit seiner zahlenmäßig noch immer nicht unbedeutenden Gefolgschaft für Odilo Scherer aus São Paolo stark.
Ein E-Mail macht die Blamage der italienischen Bischöfe perfekt: Kaum war an diesem historischen Mittwochabend der weiße Rauch in der Luft, hat die Bischofskonferenz an alle Journalisten in einer Nachricht „dem Mailänder Erzbischof Angelo Scola“ zur Wahl zum Papst gratuliert. Die Italiener hätten ihn ja gern gehabt, und offenbar haben sie – dank Wühlarbeit im Vorfeld – auch mit einem „Papa Scola“ fest gerechnet. Dann ist dieser aber, wohl im dritten Wahlgang, ausgeschieden. Mit ihm, so steht zu vermuten, auch der Gegenkandidat, Erzbischof Odilo Scherer.
Dann gab es am Mittwochmittag, zur Siestazeit, eine Reihe von anderen Sondierungen, und zwei Wahlgänge später war das Patt überwunden – zu einem, wie der Münchner Kardinal Reinhard Marx am Tag danach hervorhebt, „Papst der vielen Anfänge“: der erste Lateinamerikaner, der erste Franziskus, der erste Jesuit...
Kardinal Christoph Schönborn hat am Donnerstag im Interview mit der „Presse“ über die Beratungen der späteren Papstwähler im Vorkonklave berichtet. Eine Mehrheit der Kardinäle sei sich einig gewesen, dass eine Reform der vatikanischen Kurie unumgänglich erscheint.
Es müsse eine intensivere Zusammenarbeit und bessere Kontakte zwischen Ortskirche und Weltkirche geben, so der Wiener Erzbischof. Eine Abkehr von der extremen Ausprägung des vatikanischen Zentralismus also? Schönborns diplomatische Antwort auf diese Frage: „Insgesamt ein besseres Miteinander zwischen Papst und den kontinentalen und nationalen Episkopaten.“ Das Prinzip der bischöflichen Kollegialität, die vom Zweiten Vatikanischen Konzil gelehrt worden ist, muss nach den Worten Schönborns auch umgesetzt werden. Das heißt konkret: Bischöfe sind nach diesem Verständnis nicht nur eine Art Filialleiter Roms, sondern nehmen unter Leitung des Papstes an der Führung der katholischen Kirche teil.
Mutige Wahl, Überraschung, Zeichen der Hoffnung
Für „tiefgründige Säuberung“
Bei einem Pressegespräch in Rom hat Schönborn am Donnerstag vor internationalen Journalisten auch die Veröffentlichung vertraulicher Gespräche von Kardinälen im Vatikan durch italienische Medien scharf kritisiert. Es sei ein Skandal, „dass vertrauliche Gespräche der Kardinäle im Vatikan wortwörtlich von italienischen Zeitungen gedruckt worden“ seien.
Schönborn äußerte die Hoffnung, dass der neue Papst auch diesbezüglich Aufräumarbeit leisten werde. „Dringende Aufräumarbeit ist notwendig“, sagte der Kardinal wörtlich.
Der Wiener Erzbischof betonte, dass die Kardinäle ihre Loyalität zum Vatikan klar hervorgehoben hätten. Und weiter: „Wir hoffen alle, dass es zu einer tiefgründigen Säuberung kommen wird.“ Der gute Ruf des Vatikans müsse wiederhergestellt werden, verlangte Schönborn.
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