Klosterfasten gegen das Burn-out

Ins Kloster zu gehen, das liegt wieder im Trend. Gestresste Städter nutzen Angebote wie Fastenwochen oder Kloster auf Zeit, um Spiritualität zu suchen – oder um die Diagnose Burn-out abzuwenden.

Man muss kein Gelübde von Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam ablegen, um ins Kloster zu gehen. Die Klöster öffnen sich, Dutzende Orden nehmen Gäste auf, ob für ein Wochenende, ein Seminar, eine Fastenwoche oder als Gastschwester oder -bruder auf Zeit. Neu ist das nicht, aber seit wenigen Jahren boomen viele dieser Angebote. Die Zisterzienserabtei Heiligenkreuz etwa ist regelmäßig ausgebucht, Gäste müssen in nahe Quartiere ausweichen, auch das Stift Kremsmünster kann die vielen Interessenten nicht immer beherbergen – und bringt sie in einem Exerzitienhaus unter.

Dabei ist der Klosteralltag meist streng. Entspannung und Urlaub sei das Klosterleben nicht. Die Stille fordere, genauso wie spirituelle Inhalte, die in diesen Programmen vermittelt werden. Das Benediktinerstift Göttweig nimmt zwei, drei Männer zugleich als Gäste auf. Es seien „Sinnsuchende, meist Menschen ab 30“, sagt Frater Andreas Remler. Die meisten nehmen eine Auszeit von einer Woche – gegen ein Entgelt von etwa 40 Euro pro Tag. In Göttweig erwartet man von den Gästen, sich am Klosterleben zu beteiligen, das heißt: aufstehen vor sechs Uhr, um sechs ist die erste der vier Gebetszeiten des Tages. „Verpflichten können wir niemanden, aber ohne sich daran zu beteiligen, hat das wenig Sinn“, sagt Remler. Die Zeit außerhalb der Gebets- und Essenszeiten verbringen Gäste mit Spazieren, Wandern, Lesen, manche arbeiten im Kloster mit. Einmal am Tag gibt es ein Begleitgespräch mit einem Pater.

Neben den Gastaufenthalten bieten Klöster Seminare an, Schweigen oder Meditation, Fastenkuren oder Exerzitien speziell für Führungskräfte, für Ausgetretene, für Studenten oder für Heiratswillige – gerade solche Angebote boomen. Im Waldviertler Pernegg, dort gibt es etwa Fasten-, Yoga-, oder Ayurveda-Wochen, hat sich die Zahl der Gäste in wenigen Jahren vervielfacht. Auch das Angebot „Stille in Wien“ im Kardinal-König-Haus nutzen mehr und mehr Menschen. Sei es aus religiösen Gründen oder bloß, um abzuschalten. „Die Frage ist: Was ist Religion? Ob jemand kommt, weil es ihm einfach gut tut oder weil er eine Burn-out-Diagnose befürchtet, das ist ziemlich egal. Es geht darum, Stille als Schwierigkeit zu erleben, an Grenzen geführt zu werden und zu sehen: Da ist etwas. Egal, ob man das dann Himmel oder Gott nennt“, sagt Pater Hans Tschiggerl von den Wiener Jesuiten, die das Kardinal-König-Haus mit der Caritas betreiben.

Auch wenn es „ein bisschen in“ sei, sich zurückzuziehen, ins Kloster zu gehen, sei die Suche „nach Mystischem, nach Spiritualität, Niederlassen und Nachspüren auch das Wesen der Religiosität. Umso besser“, meint Tschiggerl, „wenn es auch gegen Burn-out oder einen Schreikrampf hilft.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.03.2013)

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