Dänemark: Die Läuterung eines radikalen Islamisten

Dänemark: Die Läuterung eines radikalen Islamisten
Dänemark: Die Läuterung eines radikalen Islamisten(c) EPA (Keld Navntoft)
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Ahmed Akkari war Imam und rief als Hassprediger während der Krise um die Mohammed-Comics von 2005/06 zur Rache auf. Heute bereut er seine Agitation: Das islamistische Milieu sei falsch und gefährlich.

Kopenhagen/Gam. Es ist, so steht es in der Bibel, mehr Freude im Himmel über einen reuigen Sünder als über 99 Gerechte.

Auch auf Erden kann ein Bekehrter mit viel Schulterklopfen rechnen, zumindest, wenn es um einen geläuterten Islamisten geht: Dänemarks bürgerliche Medien sind voll des Lobes für Ahmed Akkari, der bisher als Hassprediger und Landesverräter galt. „Hut ab vor Akkari!“, titelte etwa die konservative „Berlingske Tidende“.

Vor sieben Jahren, als die Zeitung „Jyllands-Posten“ mit dem Abdruck von Mohammed-Comics die Toleranz der Moslems testen wollte, stand der damals 27-Jährige an vorderster Front der Empörten. Er war Sprecher einer Gruppe radikaler Islamisten, die eine Entschuldigung für die „Beleidigung des Propheten“ forderten, und zwar auch vom dänischen Staat. Er reiste mit mehreren Imamen in Länder des Nahen Ostens, um die dortigen Prediger aufzuhetzen.

Mit Erfolg: Hunderttausende Demonstranten zogen auf die Straßen, verbrannten dänische Fahnen, griffen dänische Botschaften an. Es gab rund 100 Tote bei Gewalttaten vor allem in Nigeria und Pakistan, vom Libanon bis Indonesien schäumte die islamische Welt. Moslems boykottierten dänische Waren, monatelang waren dänische Käsesorten, Kekse, Arzneien aus arabischen Geschäften verbannt.

„Damals war ich überzeugt, das Richtige zu tun. Die Folgen waren mir egal“, sagt Akkari, der keinen Bart mehr trägt. „Aber was wir taten, war völlig falsch. Heute bin ich klüger.“ In dem Milieu, dem er angehörte, sehe man alles „als Kampf zwischen Gut und Böse“. Man selbst stehe für das einzig Gute, Andersdenkende müssten bekämpft werden. „Das ist gefährlich“, so Akkari.

Umdenken bei Nahost-Reisen

Schon 2007 meldete er sich aus der Öffentlichkeit ab: Erlebnisse bei Nahost-Reisen bewirkten ein Umdenken. „Ich sah, wie man Religion für interne Machtkämpfe und eigene Zwecke benützte, und erkannte, dass ich auf dem gleichen Weg war.“ Also gab er den Imam-Beruf auf und wurde Lehrer auf Grönland. „Ich erkannte, dass es überall Helden und Schurken gibt. Das passte nicht in mein Bild, dass das Gute nur innerhalb meines Glaubens existieren könne.“

Einst sah er die Karikaturen als Angriff auf den Islam. Jetzt will er verstanden haben, was „Jyllands-Posten“ damit bezweckt habe: eine Debatte über Selbstzensur und Grenzen der Meinungsfreiheit. Damals hat er vergeblich Sühne gefordert. Jetzt entschuldigt er sich: „Ich habe schlechtes Gewissen wegen des Geschehens, das ich mit angezettelt habe. Ich entschuldige mich für meine Rolle, als Dänemark auf die Hasskarte gesetzt wurde.“

Bei Kurt Westergaard, dem Zeichner der umstrittensten Karikatur mit der Bombe im Turban Mohammeds, entschuldigte er sich persönlich. Westergaard (78) lebt unter Polizeischutz, überstand Anschläge. Akkari empfing er zum Kaffee: „Jetzt bist du kein Islamist mehr, sondern Humanist, solche brauchen wir“, sagte der Zeichner.

Auch aus islamkritischen Kreisen gibt es Lob: Akkari sei „zur Vernunft gekommen“. In seinem islamistischen Umfeld ist er hingegen heute unerwünscht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2013)

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