Bischofssynode: Stillstand in der katholischen Kirche

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Vorschläge zu einer Reform gegenüber "irregulären" Familien verfehlen Mehrheit. Eine abschließende Synode und Entscheidungen zum Thema Familie sind für Oktober nächsten Jahres geplant.

Rom. In der katholischen Kirche gibt es vorerst keinerlei Öffnung für Homosexuelle und wiederverheiratete Geschiedene. Entsprechende Erwartungen, die der Zwischenbericht der im Vatikan tagenden Weltbischofssynode vor einer Woche geweckt hatte, scheiterten bei der Schlussabstimmung am Samstag an der erforderlichen Zweidrittelmehrheit. Wiederholt wurden stattdessen die hergebrachten Lehrsätze, um angesichts teilweise tiefgreifender Meinungsunterschiede unter den Bischöfen die Gesprächsbasis für die weiteren Diskussionen nicht zu zerrütten. Eine abschließende Synode und Entscheidungen zum Thema Familie sind für Oktober nächsten Jahres geplant.

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx sagte denn auch, das Dokument der Synode sei „kein Punkt, sondern ein Doppelpunkt“. Er hätte sich „mehr Mut, mehr Aufbruchsszenario, mehr Frische gewünscht, gerade wenn man den Synodentext mit den Ansprachen von Papst Franziskus vergleicht“, sagte Marx, der als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz an der zweiwöchigen Tagung im Vatikan teilgenommen hatte. Er verglich die Synode mit der „Echternacher Springprozession – zwei Schritte vor, einen zurück”.

Papst Franziskus, der während der Beratungen eisern geschwiegen hatte, um die von ihm selbst geforderte „volle Freiheit der Diskussion“ nicht zu beeinflussen, schilderte in seinem Schlusswort die Positionen, die bei der Synode aufeinandergeprallt waren, in drastischer Weise. Da habe es die „Versuchung” zu „feindseliger Verhärtung” bei traditionalistischen Bischöfen gegeben, die sich unter Missachtung der menschlichen Realität hinter den Buchstaben der Lehre „eingeschlossen” hätten – aber auch die Versuchung zu einem „zerstörerischen Gutmenschentum bei Progressiven und Liberalen“, die unter Vernachlässigung der kirchlichen Lehre den Menschen eine leichtfertige, „trügerische Barmherzigkeit“ angedeihen lassen wollten.

Angst vor eigener Courage?

Aber was ist zwischen den durchaus kühnen Formulierungen des Zwischenberichts und dem Schlussdokument passiert? Die Berliner Familienberaterin Ute Eberl, die als Auditorin an der Synode teilgenommen hat, interpretiert es so: Die Bischöfe hätten wohl „so etwas wie Angst vor der eigenen Courage bekommen”.

Anders als die Zwischenbilanz der Synode, die selbst in gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften erstmals positive Elemente erkannt und von „Geschenken und Qualitäten“ gesprochen hat, mit denen Homosexuelle die Kirche bereichern könnten, hält das Schlussdokument nur noch inhaltlich neutral fest, dass die Bischöfe „sich gefragt“ haben, wie man seelsorgerlich damit umgehen solle; Homosexuellen müsse in jedem Fall „mit Respekt und Taktgefühl“ begegnet werden. Doch auch wenn die Synode gleich im Satz darauf die traditionelle Vorschrift wiederholt, dass „ungerechtfertigte“ Diskriminierung von Homosexuellen zu unterlassen sei, fand dieser Paragraf im Plenum nicht die nötige Zweidrittelmehrheit.

Überhaupt fanden nur jene Abschnitte, in denen die Synode in immer neuen Wiederholungen die „Schönheit” der katholischen Idealfamilie lobt, unter den am Ende 183 Synodenbischöfen praktisch ungeteilte Zustimmung. Demgegenüber stieg die Zahl der Gegenstimmen überall dort merklich an, wo ein neuer Blick auf die Realitäten von heute und Reformschritte vorgeschlagen wurden. Das war beim ohnehin zaghaften Zugehen auf nichteheliche Lebensgemeinschaften der Fall, am stärksten aber bei der Frage, ob wiederverheiratete Geschiedene künftig zu den Sakramenten zugelassen werden sollten oder nicht. Der entsprechende Paragraf fand keine Zweidrittelmehrheit. Dennoch entschied Papst Franziskus, den Abschnitt im Schlussdokument zu belassen und – zum ersten Mal bei einer Bischofssynode überhaupt – auch sämtliche Abstimmungsergebnisse zu veröffentlichen.

Die Bischofssynode endete am Sonntagvormittag mit einer großen Messe auf dem Petersplatz, bei der auch Papst Paul VI. (1963–78) seliggesprochen wurde. Dessen Enzyklika „Humanae Vitae“ mit dem kategorischen Verbot künstlicher Empfängnisverhütung fand keine Erwähnung. An der Feier nahm auch der im Februar 2013 zurückgetretene Benedikt XVI. in vorderster Reihe teil.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2014)

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