Historische Route: 529 Kilometer auf den Spuren der Bibelschmuggler

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Von Oberösterreich über die Steiermark bis nach Kärnten gibt es einen neuen Weitwanderweg („Weg des Buches“), der den Spuren der alten Bibelschmuggler aus dem 16. Jahrhundert folgt.

GRAZ. Er soll eine Alternative zum populären, bisweilen überlaufenen Jakobsweg werden: „Der Weg des Buches“, der der Route alter Bibelschmuggler von Oberösterreich über die Steiermark bis an die Kärntner-slowenische Grenze bei Arnoldstein folgt. In zweijährigen Vorbereitungen wurden bestehende regionale Wanderwege zu einer grenzüberschreitenden, 529 Kilometer langen Tour verbunden.

Die ersten fünf Etappen zwischen Passau und Ebensee im oberösterreichischen Salzkammergut sind Radroute, nach dem Traunsee geht's zu Fuß weiter. Als alpine Königsetappe gilt der Abschnitt zwischen Gosau und dem steirischen Ramsau am Dachstein.

Auf der Hochebene am Fuße des höchsten Bergs der Steiermark hat sich im 16. Jahrhundert trotz Gegenreformation eine protestantische Glaubensinsel erhalten. Ramsau war wichtiger Zwischenstopp entlang der waghalsigen Route, auf denen in Zeiten der Gegenreformation deutschsprachige Lutherbibeln, Gesangs- und Andachtsbücher aus dem süddeutschen Raum über die Ausläufer der Ostalpen bis nach Slowenien geschmuggelt wurden. Die Tricks dabei waren vielfältig: Um von den strengen Kontrollkommissionen der katholischen Kirche nicht entdeckt zu werden, wurden die Bibeln beispielsweise auf den Abschnitten des alten Solewegs in Salzfässern geschmuggelt. Oder sie wurden wasserfest angefertigt, um sie im Wald eingraben zu können. Oder blattweise als Packmaterial verwendet und am Zielort wieder Blatt für Blatt zu einem Gesamtwerk zusammengesetzt.

29 Tagesetappen


Manche der historischen Druckwerke sind heute noch in Ramsau am Dachstein in Familienbesitz – unter anderem ein Exemplar der ältesten deutschprachigen Bibel aus 1536. Andere können in Museen bestaunt werden, die entlang des neuen „Weg des Buches“ liegen. Die Idee für den Themenwanderweg stammt von evangelischen Religionslehrerinnen, umgesetzt wurde sie in Zusammenarbeit mit Naturfreunden und Alpenverein von der evangelischen Kirche und dem Tourismusentwicklungsbüro „respect“. Als Wanderführer dient ein eigens herausgegebenes Buch (Verlag Tandem), in dem nicht nur die einzelnen Abschnitte entlang des auf 29 Tagesetappen ausgelegten Wanderwegs beschrieben sind, sondern auch der kirchenhistorische Hintergrund der Orte ausgeleuchtet wird – auch jener Kreuzungspunkt in Oberösterreich, an der die protestantische Bibelschmuggler-Route den katholischen Jakobsweg trifft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 6.10.2008)

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