Traditionalisten: "Rauch des Satans" in der Kirche

Archivbild: Bischof Bernard Fellay
Archivbild: Bischof Bernard Fellay(c) EPA (Olivier Maire)
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Sie leisten einen Eid gegen den Modernismus und lehnen die Öffnung der Kirche ab: Die vier rehabilitierten Bischöfe werden - nicht nur wegen der Zweifel an den Gaskammern - zur Belastungs-Probe.

Keine Spur von Reue: Die vier Bischöfe, die 21 Jahren nach ihrer Exkommunikation von der Kirche heimgeholt wurden, bleiben bei ihrer Ablehnung der Öffnung der Kirche in den vergangenen 50 Jahren. Der Generalobere der Priesterbruderschaft Sankt Pius X., der Schweizer Bischof Bernard Fellay, spricht vom Eindringen des "Rauchs des Satans" und einer Selbstzerstörung der Kirche. Dabei beruft er sich auf Papst Paul VI. (1963 bis 1978), dem Nachfolger des als liberal geltenden Papst Johannes XXIII. Der hat das Zweite Vatikanische Konzil (1962 bis 1965) einberufen, gegen das die Traditionalisten - wie Fellay es ausdrückt - ihre Vorbehalten haben.

Beim Zweiten Vatikanischen Konzil vollzog die Kirche die Öffnung gegenüber der modernen Gesellschaft. Gleich auf drei Ebenen definierte die Kirche die Gesprächskultur neu: mit der Ökumene, also den anderen christlichen Kirchen; mit den anderen Weltreligionen, denen sie zugestand, "Spuren der Wahrheit" enthalten zu können; und mit den Gläubigen, denen sie mehr Mitspracherechte einräumte.

Diese Konzilsentscheidungen gelten für die gesamte römisch-katholische Kirche - eine Ablehnung von einzelnen Punkten würde die Macht des Heiligen Stuhls untergraben, wie der Münchner Kirchenrechtler Stephan Haering. Und dennoch: Die Priesterbruderschaft weigert sich, das Zweite Vaticanum zu akzeptieren. Zudem legen sie den Antimodernisteneid ab. Der wurde 1910 von Papst Pius X., dem Namensgeber der Priesterbruderschaft, eingeführt und 1967 von Paul VI. abgeschafft.

Alleingang des Papstes?

Der Wiener Weihbischof Helmut Krätzl sagte in einem Kommentar für Radio Vatikan, die Pius-Bruderschaft solle das Zweite Vatikanische Konzil anerkennen, um voll in den Schoß der Kirche zurückzukehren. Viele hätten sich gewundert, dass die Aufhebung der Exkommunikation der vier unerlaubt geweihten Bischöfe erfolgte, "bevor diese in aller Öffentlichkeit ihre vehemente Kritik am Zweiten Vatikanischen Konzil und damit an der Entwicklung der Kirche danach widerrufen haben".

Offenbar hat der Papst die Entscheidung getroffen, ohne sich einer breiten Diskussion zu stellen, sagen mehrere Quellen aus dem Vatikan. Dementsprechend überrascht reagierte man auf die Kritik. Von den umstrittenen Aussagen des wieder integrierten Bischofs Richard Williamson zum Holocaust erfuhren viele erst aus den Medien. Zum Zweiten Vaticanum gehöre auch die Anerkennung des Holocausts, wie der Wiener Kardinal Christoph Schönborn erläutert: Zum wahren Christentum gehöre auch, die "jüdischen Wurzeln seines Glaubens" anzuerkennen.

Die vom Priesterbruderschaft St. Pius X. zeigte sich zu den Gesprächen bereit, die im Dekret der Bischofskongregation über die Aufhebung der Exkommunikation als "notwendig" bezeichnet werden. In dem neuen Klima habe man die "feste Hoffnung", dass es bald zur Anerkennung der Rechte der katholischen Tradition kommen werde.

»Schon vor uns hat Paul VI. von einem Eindringen des 'Rauchs des Satans' und von einer 'Selbstzerstörung' der Kirche gesprochen. «

Bischof Bernard Fellay, Generaloberer der Priesterbruderschaft St. Pius X.

Kritik an Gaskammern-Leugner

Das Interview mit einem der vier Bischöfe, in dem Bischof Richard Williamson die Existenz von Gaskammern anzweifelt, hat inzwischen für mitunter heftige Reaktionen gesorgt. Während Rechtsextreme in Online-Foren die "mutigen Aussagen" von Williamson begrüßen, befürchtet der Zentralrat der Juden in Deutschland eine neue Eiszeit mit der katholischen Kirche. Mit der Heimholung der "antisemitischen Gruppe in den Schoß der Kirche" werde "dieses Denken wieder salonfähig. Ganz unabhängig von der Gestalt des britischen Bischofs Richard Williamson sei die Pius-Bruderschaft eine "dezidiert antisemitisch agierende Gruppe", so der Vizepräsident des Zentralrats, Dieter Graumann.

Am heutigen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, reagierten die Überlebenden der Konzentrationslager mit "Entsetzen und Fassungslosigkeit, völligem Unverständnis und mit Wut". Es sei eine "seelische Grausamkeit gegenüber den Überlebenden". Man dürfe nicht schweigen, das wäre eine "Ermutigung aller Rechtsextremen".

Der Chef der deutschen Piusbrüder, Pater Franz Schmidberger, bemüht sich indes um Schadensbegrenzung. Er ließ verlauten: "Es ist klar, dass für Äußerungen, wie sie Bischof Williamson angeblich gemacht hat, nur der Urheber selbst verantwortlich ist und diese nicht die Haltung der Priesterbruderschaft St. Pius X. widerspiegeln."

(Ag./BL)

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