Vatikan ruft Gaskammern-Leugner zur Umkehr auf

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Bischof Williamson muss seine Leugnung des Holocausts klar zurücknehmen. Der Aufforderung des Vatikans gingen wilde Proteste gegen Benedikt XVI. voraus.

ROM. Angesichts massiven öffentlichen Drucks schritt der Vatikan am Mittwoch im Streit um Holocaustleugner Richard Williamson ein: Der vom Kirchenbann befreite Traditionalistenbischof wurde aufgefordert, seine „absolut unakzeptablen Positionen“ aufzugeben; seine Rehabilitierung führt seit zehn Tagen zu scharfen Protesten gegen den Papst. Vor allem Deutschland, Frankreich sowie jüdische Gruppen sind in Aufruhr.

Die schneidend scharfe, namentlich nicht gezeichnete Erklärung kam zu Mittag aus dem Staatssekretariat, dem höchsten politischen Amt der Kurie. Williamson hat die Wahl, sich „von seinen Sätzen zur Shoah in absolut unzweideutiger, öffentlicher Weise zu distanzieren“ oder nicht „zu den bischöflichen Funktionen zugelassen“ zu werden. Im Umkehrschluss heißt das, dass die anderen von der Exkommunikation befreiten Traditionalistenbischöfe annehmen dürfen, als ordentliche Bischöfe in die katholische Kirche eintreten zu können; derzeit sind sie suspendiert.

Benedikt wusste von nichts

Das Staatssekretariat betont, dem Papst seien Williamsons Positionen beim Widerruf des Kirchenbanns unbekannt gewesen. Kardinalstaatssekretär Bertone nimmt Benedikt XVI. in Schutz, indem er auf dessen wiederholt geäußerte und „unzweifelhafte Solidarität“ mit den Juden verweist.

Nach einer ersten Klarstellung des Papstes in der Generalaudienz vorige Woche hält der Vatikan nun fest, dass die Mannen aus dem Kreis des verstorbenen Erzbischofs Marcel Lefebvre für ihre Anerkennung die Lehren des Zweiten Vatikanums und der folgenden Päpste akzeptieren müssen. Die Aufhebung der Exkommunikation habe am kirchenrechtlich illegalen Status der Bruderschaft nichts verändert; damit bleiben nicht nur deren Bischöfe, sondern auch Priester suspendiert. Der Papst, so die Erklärung, habe mit der Rehabilitierung nur ein Hindernis wegräumen wollen, das den Dialog blockiert habe.

Der Brite Williamson und drei Kollegen wurden 1988 von Lefebvre wider päpstlichen Verbots zu Bischöfen geweiht und dafür exkommuniziert; am 24. Jänner hob Benedikt XVI. „aus väterlicher Barmherzigkeit“ die Strafe auf, obwohl zuvor ein Video des schwedischen TV publik geworden war, in dem Williamson bestritt, dass in KZ Millionen Juden umkamen. Gerade Auschwitz sei technisch dafür nicht geeignet gewesen. Die Darstellung des Vatikan, von diesen Auslassungen nichts gewusst zu haben, waren zuletzt stark bezweifelt worden. Der Obere der Piusbrüder, Bernard Fellay, verbot Williamson inzwischen, sich zum Holocaust zu äußern, und distanzierte sich vom Antisemitismus.

Benedikt XVI. selbst ging bei seiner Generalaudienz am Mittwoch nicht auf die Krise ein. Dabei knirscht es im Gebälk der Kirche heftig, auch die Beziehungen zum Judentum sind schwer belastet: Dienstag hatte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel in einem beispiellosen Akt eine „eindeutige Klarstellung des Papstes“ verlangt. Vatikansprecher Federico Lombardi erwiderte barsch, der Papst habe in der Vorwoche „alles unmissverständlich gesagt“. Kardinal Bertone erklärte die Sache für „beendet“.

SPD-Chef Franz Müntefering, selbst Katholik, verlangte die Rücknahme der Aufhebung von Williamsons Exkommunikation. Benedikt habe „demonstriert, dass auch ein Papst hier nicht unfehlbar ist.“

Der Zentralrat der deutschen Juden begrüßte Merkels Papst-Kritik: Es zeuge von „Verantwortungsgefühl“. Wiens Oberrabbiner Chaim Eisenberg meinte, das Verhältnis Juden-Katholiken bleibe für ihn „suspekt“: „Mein Vater warnte mich: Bei allen guten Absichten solle ich vorsichtig sein, denn was Katholiken tatsächlich im Schilde führten, könne man nicht wissen“.

Mehrere Bischöfe in Deutschland sowie in Österreich der Orden der Steyler Missionare ließen verlauten, die Rückholung der Lefebvrianer sei ein „besorgniserregendes Zeichen fehlgeleiteter Einheitsbestrebungen unserer Kirche.“

Kritik an Papst-Kritikern

Umgekehrt gab es Angriffe auf Papstkritiker: Der Bischof von Eichstätt in Bayern, Gregor Hanke, ist „bestürzt“ über Merkels Einmischung in Kirchen-Dinge. Benedikts Bruder Georg Ratzinger ärgert es, wie „unvernünftig und schlecht informiert“ die Kritiker seien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2009)

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