"Der Prozess ist ein Verfahren gegen die Medienfreiheit", sagt einer der beiden angeklagten Journalisten. Auch drei mutmaßliche Informanten stehn vor Gericht.
"Dieser Prozess ist nicht ein Verfahren gegen mich, sondern gegen die Medienfreiheit", sagte der Journalist Emiliano Fittipaldi am Montag. Gemeinsam mit seinem Kollegen Gianluigi Nuzzi steht er am Dienstag im Vatikan vor Gericht. Die Justiz des Kirchenstaats wirft ihnen und drei mutmaßlichen Informanten vor, unerlaubt Dokumente an sich gebracht und veröffentlicht zu haben. Laut Medienberichten drohen ihnen bis zu acht Jahre Haft. Der Vatikan verfügt als souveräner Staat über eine eigene Justiz.
"Ich werde auf der Angeklagtenbank sitzen, mein Buch wird als Beweisstück dienen", schrieb auch Nuzzi via Twitter. "Ich hätte nie gedacht, dass ich nach der Veröffentlichung meines Buches 'Geiz' vor Gericht landen würde, erklärte Fittipaldi in einem offenen Brief, der am Montag von der römischen Tageszeitung "La Repubblica" veröffentlicht wurde. "Ich hatte dagegen gehofft, dass das Buch eine konstruktive Reaktion in der Kurie auslösen würde."
Die beiden italienischen Journalisten hatten Anfang November unabhängig voneinander Bücher veröffentlicht, in denen sie dem Vatikan unter anderem maßlose Geldverschwendung vorwerfen. Sie stützen sich dabei auf Dokumente aus der Kurie, die ihnen zugespielt worden waren.
Drei Vatikan-Mitglieder vor Gericht
Mit ihnen vor Gericht stehen drei frühere Mitglieder einer von Papst Franziskus 2013 eingerichteten Kommission, die Vorschläge für die Reform der Wirtschafts- und Verwaltungsstrukturen des Vatikans (Cosea) erarbeiten sollte. Einer von ihnen, der spanische Geistlichen Lucio Vallejo Balda, sitzt seit Anfang November im Vatikan in Haft. Die drei Cosea-Mitglieder werden beschuldigt, eine "kriminelle Vereinigung" mit dem Ziel der Veröffentlichung von Dokumenten gebildet zu haben, die "wesentliche Interessen des Heiligen Stuhls und des Staates betreffen", heißt es im Vatikan-Dokument, mit dem der Prozess gegen die fünf Angeklagten beschlossen wurde.
Ein dreiköpfiges Gericht wird sich mit dem Fall beschäftigen. Dabei handelt es sich um dasselbe Gericht, das 2012 den Kammerdiener von Benedikt XVI. Paolo Gabriele verurteilt hatte. Neben dem Gerichtspräsidenten Giuseppe Dalla Torre werden sich auch die beiden vatikanischen Richter Paolo Papanti Pellettier und Venerando Marano mit dem Fall beschäftigen. Den Prozess werden acht Journalisten beobachten, die den anderen Medien dann über die Abwicklung des Verfahrens berichten werden. Der Prozess wird in der Aula des Gerichts stattfinden.
"Meinungsfreiheit auch ein Menschenrecht"
Kritik hagelt es nicht nur von den angeklagten Nuzzi und Fittipaldi, sondern auch von ausländischen Journalisten: Der Verband der in Italien tätigen ausländischen Korrespondenten hat in einem Schreiben seine Sorge wegen des Prozesses ausgedrückt. "Es ist besorgniserregend, dass die Ausübung der journalistischen Tätigkeit als Delikt betrachtet wird", hieß es in dem Schreiben.
Zu den Menschenrechten würden nicht nur die von der katholischen Kirche und dem Vatikan verteidigte Religionsfreiheit, sondern auch die Meinungsfreiheit zählen. Es sei Pflicht der Journalisten, die Öffentlichkeit über Missstände zu informieren und somit zu deren Lösung beizutragen, hieß es. Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatte am Montag an den Vatikan appelliert, die Vorwürfe gegen die italienischen Enthüllungsjournalisten zurückzuziehen.
(APA/dpa)