Causa Friedl: "Habe mein Leben nicht geändert"

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„Wir haben Schweigen vereinbart“, erklärt Bischof Schwarz zur Zölibatsdebatte. Der Versuch, das Bild der österreichischen Kirche in Rom zurechtzurücken, ist gefährdet.

LINZ. Pfarrer Josef Friedl war überrascht. Er erfuhr von seiner angeblichen „Umkehr zum Zölibat“ in den Medien, sagt aber zur „Presse“, dass er sein „Leben nicht geändert“ habe und nicht ändern werde. Von seiner Freundin will er sich „ganz sicher nicht trennen.“

Der Ungenacher Pfarrer, der zugegeben hatte, mit einer Frau zusammenzuleben, kam am Donnerstagabend von einer Reise nach Jerusalem zurück. Am Freitag präsentierte Bischof Ludwig Schwarz eine Erklärung, offenbar von Friedl am 22. Mai unterschrieben, in der der umstrittene Pfarrer bestätigen soll, wieder auf „den Weg zurückzukehren, den er bei seiner Weihe beschritten hat“.

Laut der Erklärung kündigt er an, seine Beziehung zu beenden und das Abweichen vom zölibatären Weg mit Wallfahrten und Exerzitien zu reflektieren. Friedl allerdings sagt, er habe den Bischof schon seit mehreren Wochen nicht gesprochen, von einer Entscheidung in seinem Fall wisse er nichts. Dieses ominöse Schreiben, das Schwarz vor einer Woche auch bei einem Besuch einer Delegation der österreichischen Bischofskonferenz in Rom präsentierte (und das sogar über den Schreibtisch des Papstes gegangen sein soll), bietet nun seit Tagen Stoff für Spekulationen.

Aus der Welt können diese Spekulationen offenbar weder der Bischof noch der Pfarrer schaffen. Friedl: „Was soll ich sagen? Ich bin nicht informiert, ich habe kein Schreiben gesehen.“ Er wolle, bevor er sich näher äußere, mit dem Bischof sprechen, der bis gestern noch nicht Kontakt mit ihm aufgenommen habe.

Auch Bischof Ludwig Schwarz nimmt zu dem Fall nicht öffentlich Stellung: „Wir haben Schweigen vereinbart“, sagte er am Rande des Versöhnungsgottesdienstes, den er gestern, Sonntag, im Linzer Mariendom feierte, zur „Presse“. Sein Pressesprecher versucht indes, die Situation zu entschärfen und spricht von einem nicht näher definierten „Missverständnis“.

Wie berichtet, gehen Kircheninsider davon aus, dass sich die Umkehr auf ein Leben ohne sexuelle Beziehung, nicht aber auf ein Leben ohne Beziehung an sich, bezieht. Ob er nun in diesem engeren Sinne zölibatär lebe, will Friedl verständlicherweise nicht beantworten, er habe „genug Humor“, um die jüngsten Vorgänge um seine Person mit Gelassenheit zu nehmen, und will abwarten.

Dass sich Friedl auch nach dieser maximalen Ausnützung des Interpretationsspielraums (er könne mit der Frau „befreundet“ bleiben, welche Arten der Beziehung erfolgten, könne ohnehin niemand kontrollieren) dem Druck nicht beugen will, ist mehr als unangenehm für die Leitung der Ortskirche. Fakt ist, das Outing Friedls und sein wiederholter Hinweis darauf, auch nicht bereit zu sein, es zurückzunehmen, hat zu groben Dissonanzen zwischen der ohnehin schlecht angeschriebenen Diözese Linz und Rom geführt.

Nach der Krise, die mit der Ernennung des ultrakonservativen Pfarrers Gerhard Maria Wagner zum Linzer Weihbischof begann, die harte Flügelkämpfe sowie eine Welle von Kirchenaustritten nach sich zog und in dem nicht ganz freiwilligen vorzeitigen Rücktritt Wagners gipfelte, war Friedls Beziehungsgeständnis wohl das Letzte, was Bischof Schwarz brauchen konnte. Das Schreiben, das er in Rom präsentierte, hätte vermutlich dazu führen sollen, die Wogen wieder zu glätten und im Vatikan das Bild der ohnehin unter Beobachtung stehenden, lange Zeit eher liberal geführten Diözese zurechtzurücken.

Die Bischöfe entschuldigten sich in Rom sogar für den letzten Hirtenbrief, in dem sie appelliert hatten, bei der Bestellung künftiger Weihbischöfe das Prozedere einzuhalten und davor ausgiebige Befragungen durchzuführen. Diese Kalmierungsversuche werden nun torpediert.

Doch keine Versöhnung?

Während die offizielle katholische Homepage „Kathpress“ von der Umkehr Friedls berichtet, sorgt die konservative „Kathnet“ schon wieder für reibungslosen Informationsfluss der Lage in Linz nach Rom. Auch von der Monstranz, bei der ein geweihtes Fladenbrot verwendet wurde, ist auf „Kathnet“ zu lesen. Jenem Fladenbrot, das der Windischgarstner Pfarrer Wagner als Grund für sein Nichterscheinen beim Versöhnungsgottesdienst im Linzer Dom angab.

Dieser Gottesdienst sollte den Flügelkämpfen in der Diözese ein symbolisches Ende setzten. Der Dom war gut besucht, aber weder Wagner noch Friedl kamen. In Anbetracht der jüngsten Vorgänge wird es wohl beim Versuch der Versöhnung bleiben.

AUF EINEN BLICK

■Pfarrer Josef Friedl ist österreichweit bekannt, seit er sich für die nun 16-jährige Arigona Zogaj, eine Asylwerberin, eingesetzt hat. Dieses Engagement hat ihm nicht nur Freude gemacht. Kirchenintern geriet er in Kritik, als er sich offen dazu bekannte, seit langem eine Beziehung mit einer Frau zu haben. Davon rückt er nun auch im „Presse“-Interview nicht ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2009)

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