Missbrauch: Eine Million Katholiken überlegt Austritt

Missbrauch Eine Million Katholiken
Missbrauch Eine Million Katholiken(c) AP (Eckehard Schulz)
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Einer Umfrage zufolge spielen 17 Prozent der Katholiken mit dem Gedanken an einen Kirchenaustritt - das entspräche etwa einer Million. Mehr als zwei Drittel glauben nicht, dass die Kirche die Fälle selbst aufklärt.

Die Kirchenbeitragsstellen berichten von einem wahren Ansturm aus Austrittswilligen, und einer Umfrage zufolge dürfte sich die Lage noch verschärfen: 17 Prozent der Katholiken gaben bei einer Telefonumfrage des Integral-Instituts an, über einen Austritt nachzudenken. Bei 5,6 Millionen heimischen Katholiken entspräche dies etwa einer Million Austritten. Mit 77 Prozent hat sich zudem eine große Mehrheit für eine rückwirkende Abschaffung der Verjährungsfristen bei Missbrauch ausgesprochen.

Für 38 Prozent der Menschen hat sich die Grundeinstellung zur katholischen Kirche negativ verändert, geht aus der Umfrage hervor. Wie tief das Vertrauen in die Kirche erschüttert ist, zeigt sich auch bei der Frage, ob die Menschen ihre eigenen Kinder der Obsorge einer Einrichtung der katholischen Kirche anvertrauen würden. Eine Mehrheit der Bevölkerung von 56 Prozent kann sich dies nicht bzw. nicht mehr vorstellen.

Nur 28 Prozent der Befragten glauben daran, dass die Kirche die Vorfälle in ihrem Umfeld selbst aufklärt: Mehr als zwei Drittel (69 Prozent) halten das für unglaubwürdig. Eine Mehrheit von 51 Prozent verlangt, dass die starke Bevorzugung kirchlicher Einrichtungen im Staat, basierend auf dem Konkordat, abgeschafft wird.

Stellung der Kirche geschwächt

Laut einer Umfrage des Linzer Meinungsforschungsinstitutes "market", glauben knapp vier Fünftel (79 Prozent) der Österreicher, dass die Glaubwürdigkeit und damit die Stellung der katholischen Kirche geschwächt sei. 17 Prozent halten die Stellung der Kirche in der Gesellschaft für "etwas geschwächt".

Umfrage-Methode

In der telefonischen Blitz-Umfrage des Integral-Instituts im Auftrag der Unabhängigen Plattform/Privaten Initiative zum Schutz der Opfer kirchlicher Gewalt wurden Anfang dieser Woche 300 Personen befragt.

Schönborn-Sprecher für Anzeigepflicht

Nicht nur die Umfrage-Teilnehmer, auch der Sprecher des Wiener Erzbischofs Christoph Kardinal Schönborn, Erich Leitenberger, sprach sich für eine Aufklärung der Missbrauchsfälle durch staatliche Einrichtungen aus. Es sei "wünschenswert, die Anzeigepflicht auch auf die Seelsorge auszudehnen", sagte dieser in der ATV-Diskussionssendung "Am Punkt". Derzeit sei es gesetzlich gedeckt, dass die kirchliche Behörde nicht anzeigen muss, so Leitenberger. "Bisher haben kirchliche Behörden mutmaßliche Täter dazu veranlasst, sich selbst anzuzeigen."

(APA)

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