Missbrauch: Klasnics Team mit großen Namen

Klasnic praesentiert OpferschutzKommission
Klasnic praesentiert OpferschutzKommission(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Acht prominente Mitglieder hat die Opferschutz-Beauftragte der katholischen Kirche, Waltraud Klasnic, vorgestellt. Sie versucht, den Vorwurf der Befangenheit zu entkräften, doch die Kritik will nicht verstummen.

Die von Kardinal Christoph Schönborn eingesetzte Opferanwältin für kirchliche Missbrauchsfälle, Waltraut Klasnic, hat sich in ihre Opferschutzkommission einige prominente Namen geholt und sich offensichtlich bemüht, dem Vorwurf der Kirchennähe entgegenzutreten. Dennoch reißt die Kritik an Klasnic und der Kommission nicht ab.

Unter den acht Mitgliedern, von denen einige durchaus als kirchenkritisch durchgehen können, finden sich etwa die Vizepräsidentin des Verfassungsgerichtshofes, Brigitte Bierlein, der Präsident der Opferhilfsorganisation "Weißer Ring", Udo Jesionek, oder der frühere Wiener Stadtschulratspräsident Kurt Scholz. Auch der Publizist und frühere Vorsitzende der Plattform "Wir sind Kirche", Hubert Feichtlbauer, ist dabei.

Als weitere Namen wurden am Montag Ulla Konrad, Präsidentin des Berufsverbandes Österreichischer Psychologinnen und Psychologen, präsentiert, der Psychiater und Neurologe Reinhard Haller sowie der Leiter der Abteilung für Jugendpsychiatrie der Landesnervenklinik in Linz, Werner Leixnering und die Richterin am Oberlandesgericht Graz und Mitbegründerin des "Forums gegen Sexuellen Missbrauch", Caroline List.

Die Opferschutzanwaltschaft agiere frei und autonom und stehe allen Opfern von Missbrauch und Gewalt in Kirche und Gesellschaft in Österreich zur Verfügung, sagte Klasnic. Sie betonte einmal mehr, dass ihr vonseiten Schönborns absolute Unabhängigkeit sowie volle Kooperation aller Stellen der katholischen Kirche in Österreich zugesichert worden seien.

Opfer-Vertreter: "Gesteuerte Gruppe"

Für die "Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt" bleibt dennoch der Eindruck der Befangenheit. "Wer immer in dieser Kommission sitzen mag, sie ist und bleibt eine von der Kirche und damit von den Tätervertretern eingesetzte, bezahlte und gesteuerte Gruppe", meinte Klaus Fluch von der Plattform am Montag in einer Aussendung. Man fordere weiterhin eine unabhängige staatliche Untersuchungskommission.

Die Kirche rund um Kardinal Christoph Schönborn "zieht alle PR-Register, um eine offensichtlich gefürchtete staatliche Untersuchungskommission durch eine eigene, vorgetäuschte 'unabhängige' Kommission zu verhindern". Klasnic sei nicht unabhängig, denn ihr sei beispielsweise 2003 der päpstliche "Gregorius-Orden für den Eifer in der Verteidigung der katholischen Religion" verliehen worden, so die Plattform.

Wegen der "hohen Zahl" der bisher eingegangenen Anrufe von Opfern sei von einer "extrem hohen Dunkelziffer" von Betroffenen kirchlicher Gewalt auszugehen. Angesichts dieser Dimension und "derart zahlreichen Mitwissern" - es seien nachweislich österreichische Bischöfe involviert - sei "längst jenes Maß erreicht", wo der Staat der Kirche nicht länger die Aufklärung überlassen dürfe. Es sei zu befürchten, dass etwaige Ergebnisse der Klasnic-Kommission "einmal mehr in geheimen Kirchenarchiven im Vatikan landen", meinte Fluch. Man fordere die Kirche auf, "ihre geheimen Archive der Gewaltverbrechen umgehend zu öffnen und an die Behörden zu übergeben".

Büro und Homepage in Betrieb


An die 100 Opfer haben sich bisher bei der Opferanwaltschaft gemeldet. Ziel der Einrichtung ist es, bis Ende des Jahres einen Überblick zu haben. Klasnic kündigte auch an, bis dahin Vorschläge und Richtlinien für die römisch-katholische Kirche in Österreich zum Umgang mit Missbrauchsfällen zu erarbeiten.

Rund 50 Experten würden derzeit vonseiten der Opferanwaltschaft für Gespräche und Behandlung zur Verfügung stehen. Noch in dieser Woche werde die Konstituierung erfolgen, ein Büro in der Bösendorferstraße 4 in Wien sei bereits eingerichtet, ebenso wie eine Homepage mit der Adresse www.opfer-schutz.at. Klasnic selbst ist in ihrer Kommission Vorsitzende ohne Stimmrecht, die Mitglieder würden lediglich die Spesen vergütet bekommen. Von Schönborn sei die notwendige Unterstützung zugesichert, wie hoch diese sei, könne man noch nicht sagen.

"Ich werde mit den Opfern, wo es gewünscht ist, in direkten Kontakt treten", versicherte Klasnic. Zusätzlich dabei sein würden ein Psychologe sowie ein Anwalt. Aber auch die Betroffenen seien berechtigt, eine Begleitperson mitzunehmen, erläuterte die ehemalige steirische Landeshauptfrau die angedachte Vorgehensweise. Ein weiteres Ziel der Opferanwaltschaft sei die Kontaktaufnahme mit den diözesanen Ombudsstellen, aber auch den diversen Opfer-Plattformen. Mit einigen davon habe man bereits Kontakt hergestellt.

Brigitte Bierlein, Vizepräsidentin des Verfassungsgerichtshofes und Mitglied der achtköpfigen Kommission, versicherte "entsprechende anwaltliche Hilfestellung" für die Opfer zu ermöglichen. "Es wird hier sicher nichts unter den Tisch gekehrt." Dem Publizisten Hubert Feichtlbauer geht es vor allem darum, "Strukturen ins Blickfeld zu rücken, die diese Entwicklung gefördert haben". An "monokausale Erklärungen" glaubt der "bekennende katholische Christ" mit "kritischer Loyalität" allerdings nicht.

"Sammeln und als Feuerwehr dort agieren, wo es wichtig ist" erwartet Udo Jesionek, Präsident der Opferhilfsorganisation "Weißer Ring" und von der Opferanwaltschaft, der auch er angehört. Als ehemaliger Präsident des Jugendgerichtshof habe auch er sich mit dem Thema sexueller Missbrauch befasst. Er glaubt an Schönborns ehrliche Bemühung, die Fälle aufzuarbeiten. "Rasch und unbürokratisch helfen" will auch Caroline List, Richterin am Oberlandesgericht Graz und Mitbegründerin des Forums gegen Sexuellen Missbrauch. Ulla Konrad, Präsidentin des Berufsverbandes Österreichischer Psychologinnen und Psychologen, sieht durch die Kommission "Expertenbehandlung gewährleistet".

Eine staatliche Kommission hätte der langjährige Präsident des Wiener Stadtschulrates und Restitutionsbeauftragter der Stadt Wien, Kurt Scholz, gerne gesehen. Von politischer Seite scheine dieser Wunsch allerdings "durchaus enden wollend" weswegen er sich der Klasnic-Kommission angeschlossen habe. Scholz erwartet sich "klare, individuelle Entschuldigungen" anstelle von "allgemeinen Mitleidsbekundungen" sowie Entschädigungen. Aus religiösem Engagement ist Scholz übrigens nicht in der Kommission: "Dieser Chip zur Fernsteuerung fehlt mir."

(APA/Red.)

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