Papst geißelt Missbrauch: "Angriff aus dem Inneren"

Papst geisselt Missbrauch Angriff
Papst geisselt Missbrauch Angriff(c) AP (Gregorio Borgia)
  • Drucken

Deutliche Worte von Benedikt XVI. zum Auftakt seiner viertägigen Portugal-Reise. In Deutschland haben sich laut Staatsanwaltschaft die Vorwürfe gegen den zurückgetretenen Bischof Mixa bisher nicht erhärtet.

Lissabon (r. s., ag). Schon oben am Himmel, auf dem Weg nach Portugal, sorgte Papst Benedikt XVI. für eine Überraschung: In scharfen Worten geißelte er gegenüber Journalisten jene Fälle sexuellen Missbrauchs, die innerhalb der Kirche zuletzt für Skandale sorgten. Heute komme „der größte Angriff auf die Kirche“ nicht von außen, sondern „aus dem Inneren der Kirche selbst“, sagte das katholische Kirchenoberhaupt. Und zwar „durch die Sünde“ – das sei „wirklich erschreckend“.

Die Kirche, die gewissermaßen Feinde in den eigenen Reihen sitzen habe, könne nur durch „Buße, Läuterung und Vergebung“ einen Ausweg finden. „Aber die Vergebung ersetzt nicht die notwendige Gerechtigkeit.“ Die Äußerungen gehören zu den deutlichsten Worten des Oberhirten zum Thema Missbrauch. Zahlreiche Affären, zuletzt vor allem in Deutschland und Irland, haben die Kirche seit Monaten stark belastet.

Auch durch die Vulkanaschewolke über Südeuropa, der am Dienstag wieder zahlreiche Flüge zu Opfer gefallen sind, hat sich der 83-jährige Kirchenführer nicht von seiner viertägigen Portugal-Reise abhalten lassen. Der Papst-Airbus landete planmäßig in Lissabon. Zu einer ersten Freiluftmesse am Dienstagnachmittag im Zentrum der portugiesischen Hauptstadt kamen zehntausende Menschen. „Willkommen“, prangte auf riesigen Postern in der City. Aids-Hilfe-Gruppen verteilten derweil auf den Straßen der Hauptstadt „Kondome für den Papst“, um gegen die kirchliche Verdammung der Präservativbenutzung zu protestieren.

Benedikt, dessen Besuch unter dem Motto „Zusammen vorangehen in der Hoffnung“ steht, bleibt bis zum Freitag in Portugal. Als Höhepunkt gilt sein Besuch des weltberühmten Pilgerortes Fatima. Anlass ist der zehnjährige Jahrestag der Seligsprechung zweier Hirtenkinder, denen 1917 mehrfach die Jungfrau Maria erschienen sein soll.

Zweifel an Vorwürfen gegen Mixa

In Deutschland tauchten derweil Zweifel an der Substanz der Missbrauchsvorwürfe gegen den zurückgetretenen Augsburger Bischof Walter Mixa auf: Der mit den Vorermittlungen befasste Ingolstädter Oberstaatsanwalt Helmut Walter sagte laut Kathpress, die Hinweise reichten nicht aus, um einen „konkreten Straftatbestand zu benennen“. Auch sei seiner Behörde bisher kein mögliches Opfer namentlich bekannt.

Am Samstag hatte ein anonymes Internetportal Namen und Bilder des angeblichen Opfers enthüllt. Der junge Mann schaltete daraufhin einen Rechtsanwalt ein und ließ den Vorgang dementieren. Weder sei er von Mixa missbraucht worden, noch habe er entsprechende Vorwürfe erhoben. Auch der Bischof selbst ließ über einen Anwalt die Anschuldigung zurückweisen. Mixa hält sich seit zweieinhalb Wochen in einer Schweizer Klinik auf.

Zunächst war dem Bischof vorgeworfen worden, Kinder geschlagen zu haben. Die Missbrauchsvorwürfe tauchten erst später auf. Am vergangenen Freitag hat der Vatikan schließlich Mixas am 21. April eingereichten Rücktritt verhältnismäßig rasch angenommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.05.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.