Razzia bei belgischen Bischöfen für Vatikan "unerhört"

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Razzia belgische Bischof(c) AP (Matthew Busch)
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Die Ermittler haben die Bischöfe neun Stunden lang festgesetzt, Unterlagen beschlagnahmt und zwei Gräber von Kardinälen aufgebrochen. Papst Benedikt sprach von einem "traurigen Moment".

Eine Razzia in der belgischen Erzdiözese Mechelen-Brüssel sorgt für Verstimmung zwischen dem Vatikan und Belgien. Grund sei die Suche nach Beweismaterial in einem Missbrauchsfall, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Jean-Marc Meilleur. Der Vatikan bezeichnete die Vorgangsweise als "unerhört": Papst Benedikt XVI. hat den belgischen Bischöfen seine Solidarität angesichts des "verwunderlichen und beklagenswerten" Vorgehens der staatlichen Justiz bekundet. In einer Botschaft an den Brüsseler Erzbischof Andre-Joseph Leonard vom Sonntag bezeichnete er die Untersuchungen in der Kathedrale von Mechelen und am Sitz der zur Vollversammlung zusammengetreten Bischofskonferenz als "traurigen Moment". Zugleich stellte er klar, dass die Kirche mit aller Entschiedenheit für eine Aufklärung aller Missbrauchsfälle eintrete.

Benedikt XVI. wörtlich: "Viele Male habe ich selbst unterstrichen, dass solche schweren Vorfälle von der zivilen und von der kirchlichen Ordnung behandelt werden müssen - im Respekt der gegenseitigen Besonderheiten und der Autonomie. In dem Sinne erwarte ich, dass die Gerechtigkeit ihren Lauf nimmt, in Garantie der fundamentalen Rechte der Personen und Institutionen, im Respekt gegenüber den Opfern, und in einer vorurteilsfreien Anerkennung aller, die hier zusammenarbeiten. Und unter Verzicht auf alles, was die ihnen zugewiesenen ehrenwerten Aufgaben verdunkelt."

Am vergangenen Donnerstag hatte die Staatsanwaltschaft im Zuge von Ermittlungen in Missbrauchsfällen die in Brüssel versammelten Bischöfe für neun Stunden festgesetzt. Zudem wurden ihre Handys und vertrauliche Unterlagen beschlagnahmt und in der Krypta der Kathedrale die Gräber von zwei Kardinälen aufgebrochen. Der Fernsehsender VRT berichtete, auch bei der von der Kirche eingesetzten Unabhängigen Missbrauchskommission habe es eine Durchsuchung gegeben. Auch dort seien Akten beschlagnahmt worden.

Botschafter in Vatikan einbestellt

In einer Stellungnahme vom Freitag hatte der Vatikan betonte, dass die Kirche den Missbrauch von Minderjährigen durch Kirchenmitarbeiter aufs Schärfste verurteile und bei der Aufklärung zur Zusammenarbeit mit der staatlichen Justiz bereit sei. Die Form der Untersuchung und insbesondere die Zerstörung von Gräbern betrachte man jedoch als schwerwiegend. Der belgische Vatikanbotschafter war am gleichen Tag in den Vatikan einbestellt worden.

Es ist nicht die erste diplomatische Verstimmung zwischen dem Vatikan und Belgien. Im Frühjahr 2009 hatte sich der Heilige Stuhl in scharfer Form gegen eine Kritik der belgischen Regierung an Äußerungen von Papst Benedikt XVI. über Kondome gewandt. Das Staatssekretariat bekundete damals sein Bedauern darüber, dass das Parlament in Brüssel den Papst auf der Grundlage einer "aus dem Zusammenhang gerissenen und verkürzt wiedergegebenen" Interview-Aussage kritisiert hatte. Auf seinem Flug nach Kamerun hatte Benedikt XVI. erklärt, Aids sei nicht mit der Verteilung von Kondomen zu überwinden. Notwendig sei, die Verantwortung in Fragen der Sexualität zu stärken.

(Ag./Red.)

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