Der Wiener Kardinal rechnet mit 80.000 Kirchenaustritten - ein Anstieg von 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zur Zukunft der Kirche befragt sagte er, er zweifle, ob es einen "Grund für Optimismus gibt".
Laut dem Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn verliert die katholische Kirche in Österreich nach der Aufregung um sexuelle Missbrauchsfälle immer mehr Mitglieder. "Wir hatten seit der Nazizeit nicht mehr so eine Austrittswelle. Ich rechne im Jahr 2010 mit bis zu 80.000 Kirchenaustritten", sagte er in der "Tiroler Tageszeitung".
Zum Vergleich: Im Jahr 2009 wurden österreichweit 53.216 Austritte gezählt, 2008 waren es 40.596, 2007 kehrten 36.858 Menschen der katholischen Kirche den Rücken.
Der Kardinal will trotz der Krise und des enormen Vertrauensverlustes nach dem Bekanntwerden von zahlreichen Fällen sexuellen Missbrauchs auch positive Elemente erkennen: "Heute hat man Erklärungsbedarf, wenn man in der Kirche bleibt. Das stärkt die Zugehörigkeit zur Kirche."
Kardinal zweifelt an Optimismus
Bei der Erklärung der Missbrauchsfälle musste sich der Kardinal mit Mutmaßungen behelfen. "Segensreich" nannte er die Tatsache, "dass es bei den Internaten zu einem Rückgang gekommen ist. Internate waren sicher ein abgeschlossener Ort, ein abgeschlossenes System, das sexuellen Missbrauch gefördert hatte."
Für die Zukunft gab er sich angesichts von Krise und Kirchenaustritten hoffnungsvoll, aber nicht optimistisch. "Ich zweifle, ob es einen Grund für Optimismus gibt", sagte Schönborn.
(APA)