Der Konflikt um den Aufruf der Pfarrer-Initiative zum Ungehorsam spitzt sich dramatisch zu.
[WIEN] Helmut Schüller war mit drei anderen Priestern der Erzdiözese Wien am Mittwoch zum Frühstück bei Kardinal Christoph Schönborn. Anlass und Thema der Unterredung waren überaus ernst. Der Wiener Erzbischof tadelte seinen früheren Generalvikar und dessen Vorstandskollegen wegen des Aufrufs der Pfarrer-Initiative zum Ungehorsam. Und er drohte mit Konsequenzen, wie Schüller danach im Gespräch mit der „Presse“ erklärte.
Bis zu einem nächsten Treffen im Herbst müssten die Priester nun selbst entscheiden, ob sie sich der katholischen Kirche noch zugehörig fühlen und in Gehorsam zu Papst, Bischof und Lehramt stehen. Schüller: „Der Kardinal hat uns zu verstehen gegeben, dass er handeln muss, wenn wir uns dem Lehramt nicht unterwerfen.“ Mit anderen Worten: Schönborn droht unmissverständlich mit disziplinären Schritten gegen Schüller & Co. Der Erzbischof könnte die Priester ihres Amtes als Pfarrer entheben oder sogar suspendieren. Dann dürften sie keine priesterliche Tätigkeiten ausüben. Schüller ist Pfarrer in Probstdorf und Studentenseelsorger. Betroffenen einer derartigen Bestrafung durch den Bischof steht ein Rekurs in Rom offen.
Wünsche gehen nicht nach Rom
Schüller: „Auffallend war auch, dass sich der Kardinal positioniert hat und erstmals gemeint hat, er wolle in der Zölibatsfrage keine Änderung und werde derartige Wünsche auch nicht nach Rom weitergeben.“
In einer Aussendung der Erzdiözese hieß es, Schönborn habe deutlich gemacht, dass er als Bischof einen Aufruf zum Ungehorsam „nicht so stehen lassen“ könne. In dem Gespräch sei es um ein „Ausloten der gemeinsamen Gesprächsbasis“ gegangen. Diesbezüglich habe Schönborn die Gesprächsteilnehmer um einen „Nachdenkprozess über Kirchen- und Amtsverständnis, Gehorsam und Gewissen sowie eine adäquate Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit und die Angemessenheit des Aufrufs zum Ungehorsam“ gebeten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2011)