Weihestunde für den saudischen Religionsdialog

(c) AP (Ronald Zak)
  • Drucken

Abdullah-Zentrum: Die Außenminister Saudiarabiens, Spaniens und Österreichs unterzeichneten Gründungsvertrag für ein Dialogzentrum in Wien. Geld und Führung stellt zunächst das radikal-wahhabitische Königreich.

Wien. Wahrscheinlich sind nie zuvor die Wörter Dialog, Frieden und Toleranz in einer derartigen Dichte durch den Musensaal der Albertina geschwebt wie an diesem Donnerstag. Vor allem der saudiarabische Außenminister Prinz Saud al-Faisal bin Abdulaziz al-Saud zog alle rhetorischen Register, um Harmonie zu verbreiten. Sinn der Übung war es, das nach dem saudischen Herrscher benannte internationale „König-Abdullah-bin-Abdulaziz-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog“ anzupreisen, das demnächst im Palais Sturany am Schottenring 21 seine Pforten eröffnet. Der 71-jährige Prinz, die spanische Außenministerin Trinidad Jimenez und der Gastgeber, Österreichs Vizekanzler Michael Spindelegger, unterzeichneten am Donnerstag in Wien feierlich den Gründungsvertrag des neuen Forums. Das Dialogzentrum ist als internationale Organisation angelegt, der alle Staaten und internationalen Organisationen beitreten können. Zugegen war in der Albertina auch Kardinalprotodiakon Jean-Louis Tauran, der Präsident des „Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog“.

Der Vatikan strebt einen Beobachterstatus im Dialogzentrum an. Monsignore Khaled Akashe wird den Heiligen Stuhl im Direktorium vertreten, dem drei Christen, drei Moslems und je ein Vertreter des Judentums, des Buddhismus und des Hinduismus angehören sollen.

Das Amt des Generalsekretärs übt zunächst der saudiarabische Vize-Bildungsminister Faisal Abdulrahman bin Muammar aus. Im Gespräch mit der „Presse“ erklärte er, dass er weichen werde, sobald die Organisation aufgebaut sei. Danach werde das Direktorium einen neuen Generalsekretär wählen. Wann, konnte der Vizeminister nicht sagen.

Die Saudis haben nicht nur das Palais Sturany, den Sitz des Dialogzentrums (und der ehemaligen Bibliothek der katholisch-theologischen Fakultät) gekauft. Außenminister Saud Faisal bestätigte in Wien auch, dass eine königliche Stiftung bis mindestens 2014 für den laufenden Betrieb aufkommen werde, und zwar „frei von politischer Einmischung“.

Als ihn der Journalist Samuel Laster bei der Pressekonferenz fragte, ob auch er als Jude demnächst nach Saudiarabien kommen und seine Frau ihn zu einer Synagoge chauffieren dürfe, antwortete der saudiarabische Prinz knapp: „Es gibt keine Juden und keine Synagoge in Saudiarabien.“

In Saudiarabien wird der Wahhabismus praktiziert, eine besonders strenge Spielart des Islam. Andersgläubige werden an der Ausübung ihrer Religion gehindert. Christen dürfen keine Kirchen bauen. Wer vom Islam abfällt, dem droht die Todesstrafe. Und Frauen ist nicht gestattet, Autos zu lenken.

Bekenntnis zu Menschenrechten

Michael Spindelegger betonte in seinen Wortmeldungen Wiens Tradition als Drehscheibe für den Dialog, aber auch, dass sich das Zentrum in seinem Gründungsstatut ausdrücklich auf die Menschenrechtsdeklaration und Religionsfreiheit beziehe. Im Übrigen gebe es keine Alternative zu einem Dialog der Religionen und Kulturen.

Zu den Prinzipien der UN-Charta bekannte sich in der Pressekonferenz auch der saudiarabische Außenminister. Darauf angesprochen, dass diese Grundrechte in Saudiarabien selbst nicht geachtet werden, erwiderte Saud al-Faisal: „Ich hoffe, dass das Dialogzentrum, die Führung in diese Richtung übernehmen wird.“

Tatsächlich besteht bei den Organisatoren des Dialogzentrums offenbar die Hoffnung, dass von Wien aus Reformimpulse nach Saudiarabien zurückwirken könnten. Ob das reines Wunschdenken ist, wird sich noch weisen.

Auf einen Blick

Im Palais Sturany am Wiener Schottenring 21 soll demnächst ein internationales Zentrum für den interreligiösen und interkulturellen Dialog seine Pforten öffnen. Die Außenminister Saudiarabiens, Österreichs und Spaniens unterzeichneten nun den Gründungsvertrag. Finanziert wird das Zentrum vom saudiarabischen König, der in seinem eigenen Reich bisher noch nicht für Religionsfreiheit gesorgt hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Außenpolitik

„Saudiarabien ist zu 100 Prozent islamisch“

Der saudiarabische Vizebildungsminister und interimistische Leiter des Dialogzentrums in Wien zur mangelnden Religionsfreiheit in seinem eigenen Land.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.