USA: Wirbelsturm "Sandy" trifft auf Ostküste

Wirbelsturm Sandy trifft Ostkueste
Wirbelsturm Sandy trifft Ostkueste(c) AP (John Minchillo)
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Sturm "Sandy" wurde zum "Post-Tropensturm" herabgestuft, dennoch trifft er mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 135 km/h auf die Ostküste. Im New Yorker Stadtteil Queens wurde ein Mann von einem Ast erschlagen.

Wirbelsturm "Sandy" hat nach Mitternacht mitteleuropäischer Zeit in der Nähe der US-Staaten New Jersey und Delaware das Festland erreicht. Bei Kings Point im Staat New York erreichten die Wellen nach Angaben des Nationalen Hurrikanzentrums der USA eine Höhe von 3,8 Metern. Wegen des enormen Umfangs des Sturms werden die möglicherweise schwersten Auswirkungen bis zu hunderte Kilometer weit entfernt erwartet.

Das Hurrikanzentrum stufte "Sandy" unterdessen vom Hurrikan zum Post-Tropensturm herab. "Sandy" verliere an Kraft, seine Windgeschwindigkeiten erreichten aber immer noch bis zu 135 Kilometer pro Stunde. Vor der Küste hatte es noch Windgeschwindigkeiten von bis zu 150 Kilometern pro Stunde gegeben. Vor allem Überschwemmungen sorgen für Probleme.

Erster Toter in New York

In New York wurde nun das erste Todesopfer im Zusammenhang mit dem Wirbelsturm gemeldet. Nach Angaben des Senders CBS wurde ein Mann im Stadtteil Queens von einem Ast erschlagen. Der Ast habe das Dach eines Holzhauses durchschlagen und den etwa 30 Jahre alten Mann getötet.

Erste Ausläufer des Sturmes haben die Fassade eines vierstöckigen Hauses zusammenkrachen lassen. Das Gebäude im Stadtteil Chelsea im südwestlichen Teil von Manhattan sei zum Teil eingestürzt, meldete die New Yorker Feuerwehr über den Kurznachrichtendienst Twitter. Ob Menschen in dem Haus waren und ob jemand verletzt wurde, ist noch unklar.

Die beiden New Yorker Stadtautobahnen um Manhattan sind komplett überflutet. Auf den sechs Spuren des Franklin D. Roosevelt Drive direkt am East River steht das Wasser knietief. Auch der West Side Drive wurde vom Wasser des Hudson überschwemmt. Der Verkehr auf den Verkehrsadern, der sonst täglich von Hunderttausenden Autos genutzt wird, war schon Stunden vorher gestoppt worden.

765.000 Menschen ohne Strom

Bereits vor seinem Aufprall auf das US-Festland hat der Sturm an der Ostküste mit Überflutungen und Stromausfällen katastrophale Zustände ausgelöst. "Sandy" peitschte am Montagnachmittag (Ortszeit; der Zeitunterschied zu Mitteleuropa beträgt derzeit wegen der unterschiedlichen Umstellung auf Winterzeit nur fünf Stunden, Anm.) Wasser durch die Straßen New Jerseys, Teile der Strandpromenade wurden beschädigt.

Auch in anderen Küstenabschnitten gab es sintflutartige Regenfälle, hohem Wellengang und Überflutungen. Dem Sender CNN zufolge waren bereits am Nachmittag rund 765.000 Menschen in mehreren Bundesstaaten von der Stromversorgung abgeschnitten.

400.000 New Yorker verlassen Häuser

Auch in der Millionenmetropole New York brachte der Sturm das öffentliche Leben schon vor seiner Ankunft fast zum Stillstand. Vorsichtshalber blieben Schulen, Behörden und öffentliche Einrichtungen bereits am Montag geschlossen. Die Wall Street machte erstmals seit 27 Jahren wegen Sturms dicht, auch am Dienstag sollen die Börsen geschlossen bleiben. Busse fuhren nicht, und die U-Bahn wurde ebenso wie viele Straßentunnel aus Angst vor Überflutung gesperrt.

Die Sturmschäden könnten sich nach Ansicht von Fachleuten auf etwa drei Milliarden Dollar (2,3 Milliarden Euro) belaufen. Wegen des Sturmes sollten allein in New York fast 400.000 Bewohner ihre Häuser verlassen. Insgesamt könnten rund 60 Millionen Menschen die Auswirkungen "Sandys" zu spüren bekommen, schätzte der Energieversorger National Grid.

Die Menschen in den betroffenen Bundesstaaten deckten sich mit Vorräten ein. Knapp wurden Wasserflaschen, Lebensmittel in Dosen, Taschenlampen und Batterien. Das Zentrum der Hauptstadt Washington glich bereits am Morgen (Ortszeit) einer Geisterstadt. Die Behörden riefen alle Bewohner auf, ab 14 Uhr Ortszeit möglichst nicht mehr die Häuser zu verlassen.

"Sandy" könnte auf Wintersturm stoßen

Wetterexperten befürchteten zuletzt, dass der "Sandy" im Nordosten der USA auf einen Wintersturm stoßen könnte. Diese Kombination könnte zum schwersten Unwetter an der Ostküste seit 1991 führen. Damals kamen bei Hurrikan "Bob" vier Menschen ums Leben, von South Carolina im Süden bis Maine im Norden entstanden hohe Schäden.

Die Schiffe der Navy, die im Hafen Norfolk im Bundesstaat Virginia liegen, wurden verlegt. 61.000 Mitglieder der Nationalgarde waren in Katastrophen-Bereitschaft. Vielerorts sicherten Menschen ihre Häuser mit Brettern und Sandsäcken.

Wahlkampftermine abgesagt

Der Sturm wirkte sich bereits auch auf den Endspurt vor der US-Wahl am 6. November aus. Sowohl Präsident Barack als auch sein Herausforderer Mitt Romney sagten mehrere Termine ab. Obama kehrte von einer Wahlkampftour in Florida nach Washington zurück und rief die Bevölkerung eindringlich dazu auf, den Anweisungen der Behörden zu folgen. "Dies wird ein großer und mächtiger Sturm", warnte er im Weißen Haus. Er machte aber auch Mut: "Wir werden das zusammen überstehen." Obama rief für Washington und New York sowie für die Bundesstaaten Maryland, Massachusetts und Delaware den Notstand aus.

Bei einer dramatischen Rettungsaktion brachten zwei Hubschrauber der US-Küstenwache 14 Besatzungsmitglieder des Filmschiffs "Bounty" in Sicherheit. Der Kapitän wird allerdings auch Stunden nach der Aktion noch vermisst. Der aus dem Hollywood-Klassiker "Die Meuterei auf der Bounty" von 1962 bekannte Großsegler war etwa 150 Kilometer südöstlich von North Carolina in Seenot geraten und aufgegeben worden. Die Hubschrauberbesatzungen hatten gegen sechs Meter hohe Wellen zu kämpfen, als sie die Menschen aus den Rettungsbooten an Bord holten.

Bereits 67 Tote in der Karibik

In der Karibik starben wegen "Sandy" nach jüngsten Angaben 67 Menschen, davon allein in Haiti 51. Eine gute Nachricht gab es indessen: Sechs in der Karibik vermisste Franzosen sind wohlauf. Nach Angaben der Rettungskräfte waren die vier Männer und zwei Frauen während des Unwetters nicht wie vermutet in einem Boot unterwegs. Sie kehrten demnach erst am Montag von einem Ausflug auf eine Nachbarinsel nach Martinique zurück. Zu diesem Zeitpunkt war "Sandy" schon vorbeigezogen.

Bedrohte Ostküste

In dem vom Hurrikan "Sandy" bedrohten Gebiet an der US-Ostküste leben rund 50 Millionen Menschen. Allein die Metropolregion New York zählt nach offiziellen Schätzungen von 2011 etwa 19 Millionen Einwohner. Größere Ballungsräume sind außerdem Philadelphia mit knapp sechs Millionen Einwohnern und die Region um die US-Hauptstadt Washington mit etwa 5,7 Millionen Einwohnern.

Diese drei Gebiete zählen auch zu den wichtigsten Standorten der amerikanischen Wirtschaft und Politik. Viele Unternehmen aus der Elektro-, Textil und der chemischen Industrie sind im Staat New York angesiedelt. In der Metropole selbst haben auch große Medienunternehmen, der Pharma-Riese Pfizer und der bedeutendste Aktienmarkt der Welt, der New York Stock Exchange (NYSE), ihren Sitz.

Philadelphia hat den größten Süßwasserhafen der Welt, in dem Waren wie Stahl, Textilien, Papier oder Rohöl umgeschlagen werden. Washington ist dagegen das politische Zentrum der Vereinigten Staaten. Das Weiße Haus, das Pentagon und der Internationale Währungsfonds (IWF) sind hier angesiedelt.

(APA/Reuters/Red.)

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