Irland: Wut über Abtreibungsverbot wächst

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ueber Abtreibungsverbot waechst(c) REUTERS (CATHAL MCNAUGHTON)
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Nach dem Tod einer 31-Jährigen, die an den Folgen einer verweigerten Abtreibung starb, fordern Demonstranten und linke Politiker eine Lockerung der strengen Gesetze.

Wien/Dublin/Ag. „Niemals wieder“ stand auf den Transparenten geschrieben. Rund 10.000 Demonstranten versammelten sich am Samstagabend in der irischen Hauptstadt Dublin und im westirischen Städtchen Galway, um für die Legalisierung von Abtreibungen zu demonstrieren. Schon am vergangenen Mittwoch war es zu Kundgebungen für eine Lockerung des strikten Abtreibungsverbots gekommen. Anlass für die aktuellen Proteste ist der Tod der 31-jährigen Savita Halappanavar, die vor drei Wochen in der Stadt Galway gestorben war, nachdem die Ärzte ihr eine Abtreibung verweigert hatten.

Mit einer Schweigeminute gedachten die Menschen in Dublin der Zahnärztin, die Ende Oktober in einer Klinik an Blutvergiftung gestorben war. Redner forderten eine Änderung der Abtreibungsgesetze. In Galway, dem Wohnort der aus Indien stammenden Frau, hielten hunderte Menschen am Abend trotz der bitteren Kälte eine Kerzenwache auf dem Hauptplatz ab. Vor 50 Jahren sei ihre Mutter unter ähnlichen Umständen gestorben, berichtete eine der Teilnehmerinnen, Margaret Geraghty. „Ich kann es kaum glauben, dass dies heute immer noch passieren kann“, sagte sie.

Vergebliche Bitte um Abtreibung

Die in der 17. Woche schwangere Savita Halappanavar war im Oktober wegen starker Rückenschmerzen in die Universitätsklinik von Galway gegangen. Nach Angaben ihres Mannes eröffneten ihr die Ärzte, dass sie eine Fehlgeburt haben werde. Obwohl die Frau tagelang um eine Abtreibung bat, wurde ihr dies von den Ärzten mit dem Verweis auf die Gesetzgebung verweigert. Irland sei „ein katholisches Land“, sagten die Ärzte demnach. Erst als das Herz des Embryos zu schlagen aufgehört habe, sei der Eingriff vorgenommen worden, berichtete der Mann. In der Zwischenzeit hatte sich die Frau aber eine Blutvergiftung zugezogen, an der sie einige Tage später starb. Unterdessen leiteten sowohl das Universitätsklinikum Galway wie auch die nationale Gesundheitsbehörde Untersuchungen über die Umstände ein, die zum Tod der Frau führten.

In Irland sind Abtreibungen gesetzlich verboten. Laut höchstrichterlichen Entscheidungen können allerdings Schwangerschaftsabbrüche bei Gefahr für das Leben der Mutter oder bei der Gefahr, die schwangere Frau könnte Selbstmord begehen, zulässig sein. Viele irische Frauen fahren für Abtreibungen ins Ausland – eine Option, die kranken Frauen aber verschlossen bleibt.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im französischen Straßburg hatte 2010 die irische Regierung ermahnt, die Regelungen für Abtreibungen zu überarbeiten. Das ist bisher nicht geschehen. Im April lehnte das Parlament in Dublin einen Antrag der Sozialistischen Partei ab, der Abtreibungen allgemein jenen Frauen erlauben wollte, die durch eine Schwangerschaft gesundheitlich gefährdet sind.

Die beiden sozialistischen Abgeordneten Clare Daly und Joan Collins sagten laut Kathpress dem öffentlich-rechtlichen Rundfunksender RTE, mit dem Tod der Frau sei genau der Fall eingetreten, den ihre Partei mit dem Gesetzesvorschlag habe verhindern wollen. Sie verlangten eine umfassende öffentliche Untersuchung des Vorgangs. Gleichzeitig kündigten Daly und Collins an, ihren Gesetzesvorschlag erneut ins Parlament einzubringen.

Premier kondolierte Familie

Der irische Premierminister Enda Kenny, dessen Partei von Kritikern für die Verzögerung der Gesetzesreform verantwortlich gemacht wird, sprach der Familie sein Beileid aus. Gleichzeitig sagte er, er werde laufende Ermittlungen nicht kommentieren. Ausgestanden ist die Affäre damit aber sicher nicht.

Auf einen Blick

Die Proteste gegen das Abtreibungsverbot entzünden sich am Fall der schwangeren Savita Halappanavar, der Ärzte trotz prognostizierter Fehlgeburt eine Abtreibung verweigerten, solange der Embryo noch lebte. Die Frau verstarb vor drei Wochen schließlich an einer Blutvergiftung. In Irland ist Abtreibung verboten, die Ausnahmeregelungen sind sehr schwammig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.11.2012)

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