27 Prozent der Kinder in der EU von Armut bedroht

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Ein neuer Bericht des Europäischen Statistikamtes zeigt einen frappierenden Unterschied bei armutsgefährdeten unter 18-Jährigen zwischen den EU-Staaten. Die dramatischsten Zahlen weist Bulgarien auf.

Wien/Brüssel/Luxemburg. Es ist ein alarmierender Bericht, den das Europäische Statistikamt Eurostat gestern, Dienstag, in Luxemburg vorgelegt hat: 27 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren waren im Jahr 2011 EU-weit von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, wie eine Auswertung der Daten jetzt ergeben hat. In Österreich, das unter allen 27 Mitgliedstaaten nach Schweden, Dänemark, Finnland, Slowenien und den Niederlanden an sechstletzter Stelle liegt, beträgt der Anteil immerhin noch beunruhigende 19,2 Prozent.

Besonders dramatische Zahlen weisen jedoch vor allem die beiden ärmsten Mitgliedstaaten der Union, Bulgarien und Rumänien, auf: Dort sind 52 beziehungsweise 49 Prozent von Armut bedroht, wie der Bericht deutlich macht. Auch Lettland (44%), Ungarn (40%) und Irland (38%) haben einen sehr hohen Anteil an armutsgefährdeten unter 18-Jährigen.

Ältere am wenigsten betroffen

Besonders auffällig ist, dass das Risiko, von Armut erfasst zu werden, bei Kindern deutlich höher ist als bei Erwachsenen. So gelten EU-weit 24 Prozent der 18- bis 64-Jährigen (Österreich: 16,9 Prozent) als armutsgefährdet.

Am geringsten fällt das Risiko europaweit allerdings bei älteren Personen über 65 Jahren aus: Sie sind zu lediglich 21 Prozent von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht (Österreich: 17,1 Prozent). Jonathan Todd von der Generaldirektion Beschäftigung, Soziales und Integration in der Europäischen Kommission hat für das Gefälle zwischen Jung und Alt eine einfache Erklärung: „Kinder sind heutzutage gefährdeter, weil deren Eltern ihnen aufgrund der Krise weniger Möglichkeiten bieten können. Wegen der geringen Ausbildungschancen sind sie besonders von Armut bedroht“, sagt er in einem Gespräch mit der „Presse“. Diesen Kreislauf müsse man durchbrechen, fordert Todd. Die Kommission appelliert daher an die Mitgliedstaaten, Jugendarmut durch soziale Investitionen und gezielte Bildungsmaßnahmen ab dem frühen Kindesalter zu bekämpfen.

Mit gutem Grund. Denn eine besonders große Rolle bei der Armutsgefährdung spielt weiterhin auch die soziale Komponente: Fast die Hälfte jener Kinder, deren Eltern einen niedrigen Bildungsgrad aufweisen, war im EU-Schnitt 2011 auch armutsgefährdet – dagegen fielen lediglich 22 Prozent der unter 18-Jährigen mit Eltern eines mittleren Bildungsgrads und sieben Prozent der Kinder mit Eltern eines hohen Bildungsgrads in diese Kategorie.

Einmal mehr zeigt sich zudem die größere Gefährdung von Kindern mit Migrationshintergrund: Durchschnittlich waren EU-weit nur 18 Prozent der Kinder, deren Eltern im Inland geboren wurden, armutsgefährdet – im Gegensatz dazu traf es 32 Prozent jener, von denen mindestens ein Elternteil nicht im Inland geboren wurde.

(C) Diepresse

Bedrohte um 20 Mio. verringern

In die Kategorie „armutsgefährdet“ fallen laut Eurostat alle Personen, deren mittleres Haushaltseinkommen unter der Armutsgefährdungsschwelle liegt. Zweitens umfasst der Begriff jene, die „unter erheblicher materieller Entbehrung leiden“, also Schwierigkeiten haben, Kosten des täglichen Lebens wie Miete oder Heizrechnung rechtzeitig zu begleichen. Drittens werden dazu Personen gezählt, die in einem „Haushalt mit sehr niedriger Erwerbstätigkeit“ leben.

Eines der fünf Hauptziele der Kommission im Zuge der Europa-2020-Strategie ist es, die von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffenen Personen um 20 Millionen zu verringern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2013)

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