NSU-Prozess: Gericht verhandelt über ersten Mord

Am Mittwoch ging es im NSU-Prozess erstmals konkret um einen Mordfall.
Am Mittwoch ging es im NSU-Prozess erstmals konkret um einen Mordfall.(c) EPA/TOBIAS HASE
  • Drucken

Ein Zeuge des ersten Mordes hörte "metallisch harte Schläge" und sah zwei Männer in Radlerkleidung. Er konnte die Situation aber nicht richtig einordnen.

Ein Zeuge hat möglicherweise den ersten Mord der deutschen NSU-Terroristen unmittelbar beobachtet. Der Elektroingenieur fuhr 2001 in Nürnberg im Auto an dem Verkaufsstand des türkischen Blumenhändlers Enver Simsek vorbei. "In dem Moment hören wir mehrere metallische harte Schläge", sagte er in seiner Vernehmung am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht München. Kurz darauf seinen zwei Männer in Radlerkleidung schnell von dem Lieferwagen Simseks weggegangen. "Auffällig was die Radlerkleidung, weil ich keine Fahrräder gesehen hatte", sagte er. Er hätte die Situation aber nicht richtig einordnen können.

Laut Anklage feuerten Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt am 9. September 2000 im Laderaum von Simseks Lieferwagen insgesamt neunmal auf den 38-Jährigen. Dann machten sie ein Foto des Schwerverletzten, schlossen die Schiebetür und verschwanden. Simsek erlag zwei Tage später seinen Verletzungen.

Am Vormittag waren zwei Polizeibeamte vernommen worden, die an den Tatort kamen. "Man konnte von außen schon die große Blutlache auf der Ladefläche erkennen", sagte einer der Beamten. "Außen lagen blutige Pflanzenreste verstreut."

Der NSU wird für die Ermordung von neun türkisch- und griechischstämmigen Einwanderern sowie einer deutschen Polizistin in den Jahr 2000 bis 2007 verantwortlich gemacht. Zschäpe ist die einzige Überlebende des Trios, nachdem Mundlos und Böhnhardt sich laut Anklageschrift im November 2011 das Leben genommen hatten. Sie ist als Mittäterin an allen Attentaten wegen Mordes angeklagt. Sie hörte den Schilderungen am Mittwoch regungslos zu. Die meiste Zeit starrte die 38-Jährige auf den Bildschirm ihres Computers.

Das Oberlandesgericht München hat für den Prozess bis Ende 2014 Verhandlungstermine angesetzt, bestätigte eine Gerichtssprecherin am Dienstag der dpa. Ursprünglich gab es nur Termine bis Ende Jänner 2014, jedoch war damit gerechnet worden, dass diese Termine bei weitem nicht für den riesigen Prozess ausreichen würden.

Der Prozess

Morde und Bombenanschläge. Zwischen 2000 und 2007 sollen die Mitglieder des NSU zehn Menschen aus nächster Nähe erschossen und zwei Sprengstoffanschläge mit insgesamt 23 Verletzten verübt haben. Mehr ...

Die fünf Angeklagten. Hauptangeklagt ist Beate Zschäpe, die von Zeugen als "gleichberechtigtes Mitglied" der Terrorzelle bezeichnet wird. Der ehemalige NPD-Funktionär Ralf Wohlleben soll Waffen besorgt haben. Außerdem sollen Casten S., André E. und Holger G. die Zelle unterstützt haben. Mehr ...

Hauptverdächtige sind tot. Die beiden mutmaßlichen Haupttäter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, mit denen Zschäpe zusammenlebte, hatten sich bei ihrer Enttarnung im November 2011 das Leben genommen.

(APA/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.