George Zimmerman, der einen schwarzen Teenager erschossen hat und freigesprochen wurde, droht ein neuer Prozess. Die US-Justiz prüft rechtliche Schritte.
Das US-Justizministerium erwägt nach dem umstrittenen Freispruch im Prozess um die Tötung des unbewaffneten schwarzen Jugendlichen Trayvon Martin weitere Schritte gegen den Todesschützen George Zimmerman. Die Behörde prüfe, ob sie genügend Beweise habe, um eine Strafverfolgung Zimmermans in einem Bundesgericht fortzusetzen, sagte ein Sprecher am Sonntag. Ein sechsköpfiges Geschworenengericht - darunter fünf Weiße - im Bundesstaat Florida hatte Zimmerman am Samstag freigesprochen (DiePresse.com berichtete).
Nach US-Recht könnte Zimmerman zwar nach seinem Freispruch nicht erneut wegen Mordes mit bedingtem Vorsatz oder Totschlags vor Gericht gestellt werden. Aber eine Anklage wegen Bürgerrechtsverletzungen vor einem Bundesgericht wäre möglich, weil es sich um einen anderen Vorwurf handelt - wenn auch im Zusammenhang mit derselben Tat.
Hintergrund: Der Tod eines 17-Jährigen
Der 29-jährige Hispano-Amerikaner George Zimmerman hatte als Mitglied einer privat organisierten Nachbarschaftswache den 17-jährigen Martin im Februar 2012 während einer Patrouille in Sanford in Florida erschossen. Die Staatsanwaltschaft warf ihm Mord mit bedingtem Vorsatz vor. Er soll den Teenager verfolgt und dann getötet haben. Die Verteidiger beriefen sich dagegen auf Notwehr, weil sich Zimmerman vom jungen Martin, der mit einem Kapuzenpulli bekleidet war, bedroht gesehen habe.
"Empörendes" Urteil
Das Urteil war Wasser auf die Mühlen von Bürgerrechtlern, die den Fall als Beispiel rassistisch motivierter Gewalt gegen Schwarze sehen. Die Schwarzen-Organisation NAACP nannte das Urteil "empörend".
Die NAACP startete auf ihrer Website eine Online-Petition, mit der Justizminister Eric Holder aufgerufen wird, den Todesschützen Zimmerman wegen der Verletzung "eines fundamentalen Bürgerrechts, des Rechts auf Leben" vor ein Bundesgericht zu stellen. Ähnliche Petitionen starteten New Yorker Bürger auf einer Plattform des Weißen Hauses. Dort äußerten bis zum Montagmorgen gut 14.000 Bürger ihre Unterstützung.
US-Präsident Obama ruft zu Besonnenheit auf
Der Fall hatte vor einem Jahr eine landesweite Debatte über Rassismus und Waffengewalt in den USA ausgelöst. In zahlreichen Städten kam es damals zu Solidaritätsbekundungen mit Martin und dessen Familie sowie Demonstrationen gegen Rassendiskriminierung, zumal die Polizei Zimmerman zunächst laufen ließ. Erst 45 Tage nach dem Vorfall wurde er verhaftet.
US-Präsident Barack Obama rief am Sonntag zur Besonnenheit auf. Er nannte den Tod des Teenagers eine US-weite Tragödie und warb gleichzeitig für verstärkte Maßnahmen gegen die Waffengewalt, die er bisher im Kongress nicht durchsetzen konnte.
Umstrittenes "Stand-Your-Ground-Law"
Der New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg, ein prominenter Verfechter strikterer Waffengesetze, argumentierte gegen weitreichende Selbstverteidigungsgesetze, wie sie in Florida gelten: Diese könnten zu "gefährlicher Selbstjustiz führen und diejenigen schützen, die leichtfertig mit Waffen hantieren", wie es laut Medien-Berichten in einer Erklärung hieß.
In Florida dürfen sich Bürger, die sich von einem Gewaltverbrechen bedroht sehen, mit allen Mitteln wehren - bis hin zur Tötung des mutmaßlichen Angreifers. Die Regelung ist unter dem Namen "Stand-Your-Ground-Law" (deutsch: Sich nicht unterkriegen lassen) bekannt. Ähnliche Gesetze gelten in vielen anderen US-Bundesstaaten.
Demos: "Keine Gerechtigkeit, kein Frieden"
Tausende Menschen haben in mehreren Städten der USA gegen den Freispruch protestiert. Sie verlangten vom Justizministerium, ein neues Verfahren gegen Zimmerman zu eröffnen. Allein in New York versammelten sich am Sonntagabend zahlreiche Demonstranten zunächst auf dem Union Square in Manhattan, wo sie "Keine Gerechtigkeit, kein Frieden" skandierten. Bis zu etwa 2000 von ihnen zogen dann Richtung Times Square und sorgten für erhebliche Verkehrsbehinderungen.
Ähnliche Szenen spielten sich in Boston ab, wo 500 Demonstranten begleitet von Polizei-Motorradeskorten durch die Straßen zogen. Auch in San Francisco, San Diego und Sacramento wurden Proteste organisiert.
(APA/Reuters)