Verdacht auf Geldwäsche: Die Graz-Bosnien-Connection

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Die Grazer Staatsanwaltschaft ermittelt wegen verdächtiger Konten bei einer steirischen Bank. Die Spur führt zu prominenten Geschäftsleuten in Bosnien.

Graz. Bereits zum zweiten Mal bringt eine steirische Bank Eliten in Exjugoslawien in arge Bedrängnis: Nachdem die Sparkasse Leibnitz Sloweniens Ex-Premier Janez Janša eine (nicht rechtskräftige) Verurteilung im Korruptionsfall „Patria“ eingebracht hat, sorgt nun eine Geldwäscheverdachtsmeldung aus Graz für Aufregung in Bosnien und Herzegowina. Die Rede ist von mutmaßlichen Bestechungsgeldern für Manager eines staatlich kontrollierten Telekomkonzerns. Eine jahrelange Untätigkeit bosnischer Staatsanwälte legt zudem politische Verwicklungen nahe.

In Österreich war bereits vor vier Jahren Verdacht geschöpft worden: Eine Briefkastenfirma auf Gibraltar, die von einem mexikanischen Lyriker gegründet worden war, hatte zwischen 2008 und 2010 mehr als 350.000Euro auf zwei Konten der Volksbank Graz-Bruck überwiesen. Die Beteiligten dieser Transaktionen, für die die Unschuldsvermutung gilt, lassen zumindest auf dem Balkan aufhorchen: Als Bevollmächtigter des Briefkastens mit Bankverbindung in Ljubljana (Laibach) trat der prominente Marketingunternehmer Neven Kulenović auf, der in Bosnien-Herzegowina als Spezialist für TV-Werbung gilt. Bei den Inhabern der Grazer Konten handelt es sich um die Spitzenmanager Zoran Bakula und Stipe Prlić – sie sitzen im Vorstand des in Mostar beheimateten Telekomkonzerns HT Eronet, der zu 50,1 Prozent dem bosnischen Staat gehört.

Der Grazer Bank kamen diese Überweisungen suspekt vor – sie erstattete eine Geldwäscheverdachtsmeldung beim Bundeskriminalamt (BKA) in Wien. Dieses informierte im März 2010 und im Jänner 2011 Strafverfolgungsbehörden in Bosnien, Gibraltar, Kroatien und Slowenien: „Unserer Meinung nach handelt es sich um illegale Zahlungen (möglicherweise Provisionen) im Zusammenhang mit den geschäftlichen Aktivitäten dieses Telekomkonzerns in Mostar“, heißt es in der zweiten Depesche aus Wien, die mit dem Kürzel „OC“ für „organisierte Kriminalität“ gekennzeichnet ist.

Mit Verspätung leitete die Staatsanwaltschaft Graz Anfang 2013 ein Ermittlungsverfahren ein. Die Manager aus Mostar, so bestätigt Sprecher Hansjörg Bacher, werden als Beschuldigte geführt. Seit Juni versuchen die Grazer vergeblich, das Verfahren an Strafverfolger in Bosnien und Herzegowina abzutreten. Dort wurde bisher kein Strafverfahren eingeleitet: Die Staatsanwaltschaften in Mostar und Sarajewo erklärten sich für unzuständig, erst jetzt ist die Frage der Zuständigkeit beim Gerichtshof von Bosnien und Herzegowina anhängig.

Nähe zu Sozialdemokraten?

Angesichts einer Verfahrensverschleppung spekulieren bosnische Medien über einen politischen Hintergrund und haben – ohne dies jedoch mit harten Fakten zu unterlegen – von einem Naheverhältnis von Unternehmer Kulenović und der mitregierenden Sozialdemokratischen Partei (SDP) geschrieben. Anfragen der „Presse“ bei Bosniens Sozialdemokraten blieben unbeantwortet, Kulenović' Anwältin reagierte nicht auf Fragen zur Politnähe ihres Mandaten. Die in Österreich als Beschuldigte geführten Spitzenmanager wollten die Vorwürfe nicht kommentieren.

Dabei sind die Verdachtsmomente äußerst konkret. Der Laibacher Sonderstaatsanwalt Harij Furlan konnte in Slowenien und Bosnien eine Fülle belastender Indizien zusammentragen: 2007 hatte der Telekomkonzern HT Eronet den Ankauf von TV-Werbezeit ausgeschrieben. Kulenović' Agentur hatte sich an der Ausschreibung beteiligt, nach Ansicht der zuständigen Kommission jedoch das schlechteste Anbot vorgelegt. Dennoch erteilten Prlić und Bakula ausgerechnet Kulenović den Auftrag. Kurze Zeit später, so slowenische Gerichtsdokumente, habe der Unternehmer begonnen, große Summen auf Konten bei der Volksbank Graz-Bruck zu überweisen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2014)

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