Die Frauenstadt in der Wüste

SAUDI ARABIA HAJJ
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Auf der Halbinsel entsteht ein Industriekomplex nur für Arbeiterinnen. In der Stadt Yanbu am Roten Meer soll bald ein 500.000 Quadratmeter großes Industriegebiet nur für Frauen entstehen.

Riad/Wien. Während am 8. März der Internationale Frauentag gefeiert wird, ist in Saudiarabien nichts zu teuer, wenn es um die Trennung zwischen Männern und Frauen geht. In der Stadt Yanbu am Roten Meer soll bald ein 500.000 Quadratmeter großes Industriegebiet nur für Frauen entstehen. Auf dem Gelände werden ausschließlich Arbeiterinnen Kleidung, Schmuck, Spielsachen und medizinische Güter produzieren. Geht es nach der saudischen Industrieverwaltung, sollen ähnliche Anlagen folgen.

Bis heute existieren in dem islamischen Königreich praktisch zwei Welten, eine weibliche und eine männliche. In jedem öffentlichen Gebäude gibt es getrennte Räume. Für Unternehmer, die Frauen einstellen möchten, heißt das, doppelt bauen zu müssen. Auch ein eigener Transport muss organisiert werden – denn noch immer dürfen Frauen in Saudiarabien kein Fahrzeug lenken. In den letzten Jahren sind Autofahrerinnen, die sich dem Verbot widersetzen, zum Symbol des Protests gegen die Diskriminierung geworden.

Quoten nützen Frauen

Männer bestimmen bis heute den Alltag ihrer Ehefrauen und Töchter. Wer verreisen, arbeiten oder studieren möchte, benötigt die Zustimmung eines männlichen Vormunds. Häusliche Gewalt gegen Frauen ist keine Seltenheit. Laut Amnesty International bietet das Gesetz den Opfern zu wenig Schutz vor Übergriffen. In einem Vergleich der Vereinten Nationen liegt Saudiarabien an 145. Stelle von 148 Staaten, was die Gleichstellung betrifft.

Allmählich aber erkennt die Führung des Landes das wirtschaftliche Potenzial der Frauen. Etwa ein Drittel der 30 Millionen Einwohner sind Gastarbeiter, saudische Arbeitskräfte für den privaten Sektor sind rar; 90 Prozent von ihnen arbeiten für den Staat. Seit 2011 schreibt ein Gesetz jeder Firma eine Quote für einheimische Arbeiter vor. Um diese zu erfüllen greifen Unternehmer jetzt häufiger auf weibliche Arbeitskräfte zurück.

Der bald 90-jährige König Abdullah ibn Abd al-Aziz gilt als vorsichtiger Reformer. Unter seiner Obhut gibt das Land rund ein Viertel seines Budgets für Bildung aus – davon profitieren auch Frauen. Seit Amtsantritt des Königs 2005 hat sich ihre Anzahl in allen Bildungsstufen an jene der Männer angeglichen, wie Statistiken der Unesco zeigen.

Landesweit entstehen laufend neue Bildungseinrichtungen, erst 2011 wurde die Prinzessin-Nora-Universität eröffnet. Es ist eine Universität nur für Frauen. Umgeben von hohen Mauern lernen dort junge Studentinnen abgetrennt von der Außenwelt – ein kleiner Fortschritt nach saudischen Maßstäben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2014)

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