Kaperten Terroristen malaysisches Flugzeug?

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Nach dem mysteriösen Verschwinden eines Passagierflugzeugs aus Kuala Lumpur wird in alle Richtungen ermittelt. Offenbar befanden sich Passagiere mit gestohlenen Pässen an Bord - darunter einer mit österreichischem Ausweis.

Peking/Kuala Lumpur. Das Verschwinden des Malaysian-Airlines-Fluges MH370 mit 239 Menschen an Bord gibt immer mehr Rätsel auf. Das ganze Wochenende wurde vergeblich nach der Maschine gesucht, die Samstagfrüh aus Kuala Lumpur Richtung Peking gestartet und zwei Stunden später, irgendwo über dem Südchinesischen Meer, plötzlich kein Signal mehr von sich gab. Nachdem anfangs von einem Unfall ausgegangen wurde, schlossen Ermittler am Sonntag sogar einen Terrorangriff nicht mehr aus.

Mysteriös seien zum einen einige Radaraufzeichnungen. Die würden darauf hindeuten, dass die Boeing 777-200 kurz vor ihrem Verschwinden umgekehrt sei, berichteten Ermittler in Kuala Lumpur. Die Erkenntnis ist überraschend, weil der Pilot in den Minuten über Funk offenbar keinerlei Probleme an Bord meldete. Er sendete auch kein Notsignal aus, das Wetter in der Region war gut, der Pilot ein erfahrener Mann.

Tickets mit falschem Namen gekauft

Für Fragezeichen sorgen zudem jene Passagiere, die offensichtlich mit gestohlenen Pässen die Maschine bestiegen haben – darunter auch einem österreichischen Pass. Im Innenministerium wird bestätigt, dass der offizielle Passinhaber gar nicht an Bord der Maschine war, sondern sich in Österreich befindet. Dem Mann sei vor einiger Zeit der Pass in Thailand gestohlen worden. Den Verlust habe er gemeldet. Ähnlich der Fall eines Italieners, der ebenfalls auf der Passagierliste aufscheint, jedoch derzeit in Italien ist. Auch sein Pass ist vor zwei Jahren in Thailand gestohlen worden. Beide Ausweise sind bei der internationalen Polizeibehörde Interpol registriert gewesen. Tickets auf den Namen des Österreichers und Italieners seien zusammen erworben worden, meldete wiederum CNN, angeblich über die chinesische Fluggesellschaft Southern Airlines. Das Unternehmen äußerte sich auf Anfrage dazu nicht.

Die Identität weiterer europäischer Passagiere werfe Fragen auf, sagte Malaysias Transportminister Hishammuddin Hussein. „Wir überprüfen die gesamte Passagierliste.“ Fünf Passagiere waren zwar eingecheckt, seien aber nicht auftauchten. Ihr Gepäck sei vor Abflug aus der Maschine entfernt worden. Ob unter ihnen jene Fluggäste waren, die mit den gestohlenen Pässen des Italieners und Österreichers Tickets gekauft hatten, war unklar.

Malaysische Behörden haben inzwischen ihre Geheimdienste und Antiterroreinheiten eingeschaltet. FBI-Agenten helfen bei der Auswertung der Überwachungsvideos.

Die meisten Passagiere kamen aus China. Auch hier fragt man sich, ob es sich nicht doch um einen Terroranschlag gehandelt haben könnte: Erst eine Woche zuvor war es in der südwestchinesischen Stadt Kunming zu einem Anschlag gekommen. Acht Vermummte hatten mit Messern und Macheten auf einem Bahnhof 34 Menschen attackiert und getötet. Die KP-Führung will die Täter inzwischen als Uiguren identifiziert haben, eine muslimische Volksgruppe aus dem Nordwesten des Landes, die sich gegen die chinesische Herrschaft auflehnt. Doch bisher gibt es weder ein Bekennerschreiben noch sonstige Hinweise auf einen politisch motivierten Anschlag. Die chinesischen Behörden halten auch eine Entführung für unwahrscheinlich. „Das wäre sofort aufgefallen“, so ein Vertreter. Nicht zuletzt aufgrund der Inselstreitigkeiten im Südchinesischen Meer gilt das Gewässer als besonders gut überwacht.

Groß ist indes die Wut auf die malaysische Fluggesellschaft in Peking. „Wieso wurden die wartenden Angehörigen erst viele Stunden später informiert?“, empört sich ein Reporter bei einer spontan einberufenen Pressekonferenz der Malaysian Airlines. Ein anderer will wissen, wie es dazu kommen konnte, dass mindestens zwei Passagiere mit zwei gestohlenen Pässen die Unglücksmaschine besteigen konnten. Ein dritter beklagt sich über die Betreuung der Angehörigen. „Warum wurde ihnen beim langen bangen Warten nicht einmal Wasser angeboten?“

Angehörige spät informiert

Hinzu kommt, dass die Angehörigen der Passagiere auf dem Pekinger Flughafen erst sehr spät informiert wurden. Zur erwarteten Ankunftszeit um 6.30 Uhr zeigte die Anzeigetafel im Pekinger Flughafen zunächst „verspätet“ an, später dann, dass der Flug „gestrichen“ sei. „Wir wurden im Ungewissen gelassen“, klagt ein Vater, der Frau und Tochter vom Flughafen abholen wollte. Eine 72-jährige Mutter, die wahrscheinlich ihre Tochter mitsamt Schwiegersohn und siebenjährigen Enkel verloren hat, spricht tränenüberströmt von „Verzweiflung und Hilflosigkeit“.

Malaysian Airlines hat inzwischen reagiert. Und zugesagt, dass in der ersten Maschine Montagfrüh jeweils zwei Angehörige pro vermisstem Flugpassagier nach Kuala Lumpur fliegen dürften. Weitere drei könnten in einer nachfolgenden Maschine folgen.

Im Meeresabschnitt nahe der vietnamesischen Küste, wo zwei großflächige Ölspuren entdeckt wurden, ging die Suche indes weiter. Neben Malaysia, Singapur, Vietnam und China haben auch die USA Schiffe und Flugzeuge in die Region geschickt. (lee/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2014)

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