Flug MH 370: Wie Misstrauen die Suche erschwerte

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Auch ein Thai-Satellit fand mutmaßliche Trümmer im Indischen Ozean. Um Satelliten- und Radardaten der Luftraumüberwachung machen viele Länder ein Geheimnis.

Bei der Suche nach dem seit fast drei Wochen verschollenen malaysischen Passagierflugzeug sind in dem weiten Suchgebiet südwestlich von Westaustralien vermutlich viele weitere Trümmer entdeckt worden: Fotos eines thailändischen Satelliten würden rund 300 Objekte im südlichen Indischen Ozean, etwa 2700 Kilometer südwestlich von Perth, zeigen, teilten die thailändischen Behörden am Donnerstag mit.

Flugzeuge konnten ob des Wetters wie schon am Vortag nicht eingesetzt werden; in der betreffenden Region, die zu den Roaring Forties zählt, einem weltumspannenden Band zwischen 40. und 50. südlichem Breitengrad, ist das Wetter meist schlecht. In dem Gebiet sind bereits von Satelliten der USA, Frankreichs und Chinas treibende Objekte registriert worden. Auf einer Luftwaffenbasis bei Perth sind mehr als ein Dutzend Flugzeuge mehrerer Staaten, darunter Australien, Indien und Japan, zusammengezogen worden, um nach Spuren der am 8.März nach dem Start in Kuala Lumpur mit 239 Insassen verschollenen Boeing zu suchen.

Unterdessen berichten Insider von den politisch-militärischen Hemmnissen, die die internationale Suche seit Beginn begleiten – immerhin sind etwa 26 Länder mehr oder weniger an der Suchaktion beteiligt, vor allem, weil die errechneten letzten möglichen Aufenthaltsgebiete der Boeing auch in einem weiten Bogen über Thailand bis Zentralasien reichten.

Im Zuge der Suche ging es daher darum, Radar- und Satellitendaten miteinander zu teilen, Erkenntnisse der Geheimdienste und Militärs, und darum, fremde Schiffe und/oder Suchflugzeuge über eigenem Gebiet zu dulden. Dabei gab es immer wieder Reibereien und andere „seltsame Aktionen“. So soll es Indien abgelehnt haben, dass chinesische Kriegsschiffe in eine bestimmte Region im Golf von Bengalen vorgeschickt werden sollten. Grund: In der Region habe Indien militärische Einrichtungen, die in erster Linie gegen ein militärisches Vordringen der chinesischen Flotte gedacht seien; Indien wollte daher vermeiden, dass die Chinesen diese Einrichtungen en passant ausforschen könnten.

Chinas „gezinkte“ Fotos

China wird beschuldigt, eigene Satellitenfotos lange nicht in den internationalen „Suchtopf“ eingebracht zu haben. Und jene, die man publiziert habe, seien, so ein US-Experte, höchstwahrscheinlich nachbearbeitet – und zwar so, dass sie unschärfer wirkten. „Die Chinesen wollen nicht, dass man sieht, wie hoch die wahre Auflösung ist“, meint ein US-Luftfahrtexperte. Diese Bilder würde China sicher nicht mit den USA oder anderen Staaten der Region, etwa Malaysia, teilen. Allerdings: Die USA, Besitzer der meisten Aufklärungssatelliten, würden das auch nicht tun.

Der gleiche Eiertanz hat sich um Erkenntnisse der radargestützten Luftraumüberwachung abgespielt: Indien wollte lange nicht über seine Radardaten aus der Region Golf von Bengalen sprechen. Mittlerweile zeigte sich, dass das indische Militär tatsächlich keine Daten hatte: Zwei lokale Radarstationen waren seit Längerem inaktiv, die Region überhaupt ein „blinder Fleck“ der Inder.

Militärische Geheimnisse

Auch Malaysia gab erst nach mehr als einer Woche zu, dass seine Luftwaffe den Jet im Radar gesehen habe, als er jäh den Nordkurs änderte, vom zivilen Radar verschwand, nach Westen über Malaya flog und endgültig unsichtbar wurde. Später gaben die Thais zu, den Jet über Malaya verfolgt zu haben; jetzt weiß jeder in Südostasien, was die Thais alles sehen können. „Die Presse“ hatte schon zuvor vermutet, dass Malaysias Militär etwas verheimlichte. (wg/ag.)

HINTERGRUND

Da Luftraum- und Bodenüberwachung per Satellit und Radar auch in militärisch sensible Bereiche eingreifen, waren viele der Staaten, die bei der Suche nach der vermissten malaysischen Boeing mitmischen, beim Austausch der diesbezüglichen Daten und Erkenntnisse ziemlich zurückhaltend. China etwa soll seine publizierten Satellitenfotos künstlich unschärfer gemacht haben, um nicht die wahre Auflösung seiner Satellitenkameras zu verraten. Manche Länder gaben erst viele Tage verzögert Erkenntnisse des Radars heraus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2014)

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