Deutschland: „Prügel in Moslem-Ehe sind normal“

Deutsche Richterin verweigerte einer Deutsch-Marokkanerin die Scheidung von ihrem prügelnden Ehemann, sie argumentierte mit dem Koran.

BERLIN. Die Internet-Foren quellen über. Gilt in Deutschland gleiches Recht für alle, oder die Scharia – das islamische Recht? „Wenn die Scharia über das deutsche Grundgesetz gestellt wird, dann kann ich nur sagen: Gute Nacht, Deutschland“, sagte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla. So oder ähnlich lauten die Reaktionen auf einen Fall in Frankfurt/Main, und die Empörung fällt einhellig aus – von Feministinnen wie Alice Schwarzer über den bayrischen Innenminister Günther Beckstein (CSU) bis hin zu konservativen Moslem-Organisationen.

„Kultur-übliche Züchtigung“

Provoziert hat den Aufruhr eine mittlerweile wegen Befangenheit von dem Fall abgezogene Richterin, die einer 26-jährigen Deutsch-Marokkanerin die Scheidung von ihrem prügelnden, ebenfalls aus Marokko stammenden Ehemann unter dem Hinweis auf den Koran verweigert hatte. „Für diesen Kulturkreis ist es nicht unüblich, dass der Mann gegenüber der Frau ein Züchtigungsrecht ausübt. Damit musste die in Deutschland lebende Antragstellerin rechnen, als sie den in Marokko aufgewachsenen Antragsgegner geheiratet hat“, heißt es lapidar in der Urteilsbegründung. Gerne wird Sure 4, Vers 34 herangezogen, dessen Übersetzung und Auslegung in der islamischen Welt umstritten ist: „Die Männer stehen über den Frauen, weil Allah sie ausgezeichnet hat. Und wenn ihr fürchtet, dass Frauen sich auflehnen, dann ermahnt sie, meidet sie im Ehebett oder schlagt sie.“

Es war der zunehmende westliche Lebensstil der Frau, der das Ehepaar entzweit hat, das 2001 in Marokko geheiratet hatte. Die Frau, Mutter zweier Kinder, lässt Schläge und sogar Morddrohungen über sich ergehen, bis sie im Vorjahr eine räumliche Trennung erwirkt und schließlich auf eine schnelle Scheidung pocht. Ersteres gesteht ihr die Richterin zu, zweiteres nicht. Viele werfen der Richterin jetzt Menschenverachtung vor. Das Grundgesetz gelte unabhängig von Geschlecht und Religion.

Unterwandertes Rechtssystem?

Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) tut die Causa als Einzelfall ab: „Es gibt immer mal wieder einmal Urteile, die einem völlig unverständlich erscheinen.“ Doch Frauenrechtlerinnen wittern darin eine Verharmlosung. So wie manche Juristen wollen sie eine Tendenz ausgemacht haben: „Das Rechtssystem wird seit langem systematisch von islamistischen Kräften unterwandert“, meint Schwarzer. Sie spricht von „falscher Toleranz“ und hätte sich einst wohl nicht träumen lassen, dass Beckstein ihr sekundiert: „Wir müssen die Frage des Kampfs gegen die Unterdrückung der Frau im Islam offensiver angehen.“

Inline Flex[Faktbox] MEIDEN UND SCHLAGEN("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.03.2007)

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