Arche Noah mit eingebautem ABC-Schutz

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Israel. Ein christlich-zionistisches Unternehmen liefert modernste Bunkertechnik in alle Welt. Die Nachfrage ist derzeit enorm.

Sichron Yaakow. Die Frau am Empfang der „Beth-El-Industrie“ scheint in die falsche Zeit und an den falschen Ort geraten zu sein. Ihre langen blonden Haare, der weite Faltenrock und die keusch bis zum Hals zugeknöpfte Bluse lassen Assoziationen an den Film „Der einzige Zeuge“ mit Harrison Ford aufkommen. „Geht essen“, ruft sie drei schüchternen Halbwüchsigen zu, die gerade aus der Schule kommen und im gleichen Film mitspielen könnten, ohne vorher in die Maske zu müssen.

Im „Haus Gottes“ – so die Bedeutung von „Beth-El“ auf Deutsch, geht es familiär zu. Wie in einem Kibbuz leben und arbeiten die Menschen hier zusammen, die Einnahmen kommen in eine Gemeinschaftskasse. Nur, dass es eben kein Kibbuz ist, sondern das weltweit erfolgreichste Unternehmen im Bereich Bunkerbelüftungs- und Filtrationsanlagen. Alleine in den vergangenen zwölf Monaten konnte es eine Umsatzsteigerung von rund 3000 Prozent verbuchen.

„Wer Israel segnet, ist gesegnet“

„Jehuda Fehllauer, so heiße ich seit meiner Geburt“, erklärt ein blonder, blauäugiger Mann Anfang 30, dem man blind seine Tresorschlüssel anvertrauen würde. Er ist am Hauptsitz des Werks in der nordisraelischen Kleinstadt Sichron Yaakow für die Vermarktung nach Europa zuständig. Anfang der 90er-Jahre kam er mit seinen Eltern nach Israel. Die Großeltern hatten sich schon vorher einer deutschen christlich-zionistischen Gemeinde angeschlossen, die in den Sechzigerjahren aus Stuttgart ins Gelobte Land zog. „Wer Israel segnet, ist gesegnet“, so folgten sie einem ihrer Grundsätze.

42 Armeen als Kunden

„Wir sind im Bereich der ABC-Schutzanlagen Hauptlieferant der Nato“, sagt Fehllauer. Zu den Kunden der Beth-El gehören 42 Armeen. Im Angebot: kombinierte Frischluft- und ABC-Schutz-Anlagen für Fahrzeuge, Container und Lager. Dabei geht es vor allem um Einsätze wie im Irak bei denen die Streitkräfte permanent von Terror-Angriffen bedroht sind. Die Anlagen bieten Schutz für „militärische Behörden und Armee-Einheiten, Rettungsmannschaften, der Ausrüstung von strategisch wichtigen Plätzen und Infrastruktur-Installationen aller Art“, heißt es etwas holprig im Informationsmaterial. Eine Webseite hat die Firma nicht.

Auch innerhalb Israels wächst der Markt. Seit Anfang der 90er-Jahre gilt die Vorschrift, die Sicherheitsräume und Bunker in Neubauten mit Luftfiltern auszustatten. Kaum ein moderner Haushalt, in dem nicht die „Arche Noah“, der Luftfilter von Beth-El“, montiert ist. Die „Arche Noah“ könne, verspricht Fehllauer, „in einem Schutzraum für sechs Personen alle bis heute bekannten Kampfstoffe je nach Konzentration für Wochen bis Monate fernhalten“.

Voraussetzung für das Überleben ist, dass der Bunker auch gegen die Strahlung schützt. Die Filter halten nur atomaren Staub ab.

„Je nach politischer Lage ist die Angst der Israelis spürbar und die Nachfrage steigt“, sagt Fehllauer, wobei der israelische Markt einen verschwindenden Anteil am Umsatz ausmacht. Im Idealfall sind die Experten schon bei der Planung von Neubauten dabei.

„Bunker für das jüngste Gericht“

Vor einiger Zeit zeigte die Zeitung „Maariv“ einen imaginären Bunker unter den riesigen Lettern: „Bunker für das jüngste Gericht – wohin flüchtet die staatliche Elite im Fall einer iranischen Bedrohung?“ Tief unter den Bergen Jerusalems, wusste das Blatt zu berichten, entstehe eine kleine Stadt, in der man Atombomben nicht zu fürchten brauche. „Wir werden in jedes staatliche Projekt dieser Art einbezogen“, erklärt Fehllauer.

Den christlichen Zionisten, denen man bis in die 70er-Jahre mit Misstrauen begegnete und gegen die es sogar Demonstrationen gab, stehen inzwischen die Türen der geheimsten militärischen Forschungseinrichtungen offen.

Natürlich habe „auch Gott seine Finger im Spiel gehabt“, schon als die Gemeinde in den 70er-Jahren, „als in Israel noch niemand daran dachte“, auf die Entwicklung von Filteranlagen für den Kriegsfall setzte. Man müsse nur die Bibel aufmerksam lesen und wörtlich nehmen, wie es die christlichen Zionisten aus Sichron Jaakow tun. „Der Tod ist durch unsre Fenster gestiegen“, verweist Fehllauer lächelnd auf die Verse von Jeremias.

LEXIKON

Christliche Zionisten stammen meist aus dem evangelikalen Milieu. Sie legen die Heilige Schrift wortwörtlich aus und sind vehemente Unterstützer des politischen Zionismus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2007)

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