Großbritannien: Welle von Teenager-Selbstmorden

(c) AP (Matt Dunham)
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Im walisischen Bridgend nahmen sich innerhalb des vergangenen Jahres 17 junge Menschen das Leben. Die Eltern eines Opfers werfen den Medien vor, die Jugendlichen anzustacheln.

Eine Welle von Teenager-Selbstmorden erschüttert die walisische Stadt Bridgend. Seit Jänner des Vorjahres nahmen sich dort und im umliegenden Landkreis (Bevölkerung: 132.000) 17 junge Menschen das Leben. Zumindest sieben von ihnen sollen einander gekannt haben, berichten Zeitungen.

Britische Medien spekulieren deswegen heftig über einen möglichen "Todespakt". Gleichzeitig wird Kritik an den Medien laut, dass sie durch ihre Berichterstattung die Jugendlichen anstacheln würden. Die Polizei sagt, es gebe keine Beweise für einen Zusammenhang zwischen den Selbstmorden.

Zehn Jugendliche haben sich erhängt

Die letzten drei Opfer, darunter der 15-jährige Nathaniel Pritchard, wurden innerhalb der vergangenen sieben Tage erhängt aufgefunden. Auch jene sieben, bei denen eine Verbindung vermutet wird, haben sich stranguliert. Sie starben zwischen Jänner 2007 und Jänner 2008 und waren bis auf einen 27-Jährigen zwischen 17 und 19 Jahre alt.

Die Eltern von Nathaniel Pritchard weisen hingegen die Behauptung, ihr Sohn habe seinen Selbstmord mit anderen über das Internet vereinbart, heftig zurück. Vielmehr hätten die Medienberichte Nathaniel "diese Idee in den Kopf gesetzt", erklärten sie auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem zuständigen Ermittler David Morris.

Kampagne soll Selbstmordrate senken

Auch Morris sagte, dass die Polizei nicht von derartigen Absprachen ausgehe. Er räumte aber ein, dass Selbstmord in Bridgend zu einem Phänomen werden könnte: "Das sind verletzliche, junge Menschen. Sich das Leben zu nehmen, könnten sie als akzeptable Lösung für ihre Probleme betrachten."

Deshalb sollen in Bridgend jetzt die Schüler motiviert werden, offen über ihre Probleme zu sprechen. Außerdem plant die walisische Gesundheitsministerin Edwina Hart eine Kampagne, die sich an der schottischen "Choose Life"-Kampagne orientieren soll. Schottland konnte damit seine Selbstmordrate um 13 Prozent senken. Seitdem liegt Wales an der traurigen Spitze der britischen Selbstmordstatistik.

Werther-Effekt

Als Johann Wolfgang von Goethe 1774 "Die Leiden des jungen Werther" publizierte, stieg die Zahl junger Männer, die sich in Anlehnung an das tragische Ende der Romanfigur erschossen, dramatisch an. 1974 führte der amerikanische Soziologe David Phillips eine Studie durch, die belegte, dass mit jeder Selbstmord-Meldung auf dem Titelblatt der New York Times die Suizidrate im Schnitt um 58 Fälle anstieg. Diese Nachahmung nannte er den "Werther-Effekt".

(Red./Ag.)

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