Trinkwasser: Die „letzte Meile“ oft belastet

(c) AP (Kirsty Wiggleswort)
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QUALITÄT. Österreichs Leitungswasser ist so gut wie kaum sonst wo. Probleme gibt es vor allem auf den letzten Metern: durch Bleirohre und nickelhaltige Armaturen. Auch Hausbrunnen arbeiten nicht immer nach Wunsch.

Dass Trinkwasser klar, sauber und frisch aus der Leitung kommt, ist keine Selbstverständlichkeit. Nicht einmal in Europa – gar nicht zu reden von der großen weiten Welt, wo der Genuss von Leitungswasser zu ernsten Gesundheitsproblemen führen kann. Österreich ist jedenfalls in einer beneidenswerten Lage: 99 Prozent des Trinkwassers kommen aus Grund- oder Quellwasser. Im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern kommt Österreich praktisch ohne aufbereitetes Oberflächenwasser (aus Flüssen) aus. Alle Untersuchungen, Studien und Vergleiche zeigen, dass die Qualität des Trinkwassers ausgezeichnet ist. Eine Großstadt wie Wien, in der Leitungswasser dermaßen rein und schmackhaft ist, muss man lange suchen.

Jede vierte Probe über Grenzwerten

Allerdings ist die Situation auch in Österreich nicht ohne Probleme. Das wurde klarer denn je zuvor durch die Aktion „Wassercheck“, die von der Wasseragentur AQA, dem Lebensministerium und den Austrian Research Centers (ARC) in Seibersdorf seit einigen Jahren durchgeführt wird. Jedermann und -frau kann dabei sein Wasser einfach und billig professionell testen lassen – und zwar sowohl hinsichtlich der chemisch-physikalischen Zusammensetzung als auch der bakteriellen Belastung. Erstmals gibt es durch diese Aktion, bei der bereits zehntausende Österreicher mitgemacht haben, auch Daten über die private Wasserversorgung abseits von kommunalen Aufbereitungs- und Leitungssystemen.

Die schlechte Nachricht aus diesen Tests: 22 Prozent der eingesandten Trinkwasser-Proben zeigten Überschreitungen gegenüber den höchstzulässigen gesetzlichen Werten. Die gute Nachricht: Die Probleme lassen sich sehr genau lokalisieren – und dadurch grundsätzlich leicht beheben.

Die größte Schwachstelle ist demnach die „letzte Meile“ – also die letzten Meter der Trinkwasserleitungen in den Häusern und Wohnungen. Jede dreißigste Wasserprobe weist zu hohe Bleiwerte auf. Der Grund dafür ist, dass in vielen Häusern, vor allem in Städten, noch Bleileitungen verwendet werden. Ein Austausch beseitigt das Problem – allerdings wird noch einige Zeit vergehen, bis das flächendeckend durchgeführt ist. Bei Nickel ist die Situation sogar noch schlimmer: Sechs Prozent aller Proben weisen überhöhte Werte auf. Die Herkunft der Nickel-Ionen ist allerdings ebenfalls leicht zu eruieren: Sie stammen aus den Armaturen. Das weiß man, weil das Problem sofort verschwindet, wenn man anstatt des „ersten Schwalls“ aus dem Hahn das Wasser erst dann untersucht, nachdem es einige Minuten geronnen ist.

Verkeimte Hausbrunnen

Die zweite große Schwachstelle der österreichischen Trinkwasserversorgung sind Hausbrunnen. Hier machen sich mehrere Probleme bemerkbar: erstens die Nitrat-Werte. Im bundesweiten Schnitt ist die Belastung des Grundwassers zwar gesunken, an einzelnen Standorten ist sie aber wieder deutlich über die Grenzwerte gestiegen – Forscher rätseln, warum das so ist. Bei öffentlichen Wasserversorgungsanlagen werden etwaige Probleme gleich bemerkt, bei Hausbrunnen hingegen mangels regelmäßiger Tests nicht.

Zweites – und viel größeres – Problem bei Hausbrunnen ist die Verkeimung: Schlechte Quellfassung, unzureichende hygienische Standards, verunreinigte Quellen und Naturereignisse wie Überschwemmungen lassen die Bakterien-Zahl im Wasser explodieren. Darunter befinden sich auch gefährliche Kleinstlebewesen – sogenannte „Fäkalkeime“, die Krankheitserreger sind. Diese werden manchmal auch aus defekten Abwasserleitungen in das Trinkwasser eingespült. Die Zahlen aus den „Wasserchecks“ sind jedenfalls erschreckend: 70 Prozent der ersten 1000 untersuchten Wasserproben wiesen mehr Bakterien auf als zulässig. Drei Viertel davon waren „Indikatorkeime“ – also Keime, die auf eine Verschmutzung durch Abwasser hindeuten. Diese Werte sind allerdings nicht für ganz Österreich repräsentativ: 81 Prozent der eingesandten bakteriologischen Proben kamen aus Hausbrunnen – deren Besitzer sich offenbar des Problems sehr bewusst sind.

Neben all diesen Schwierigkeiten kann auch die Haustechnik, die eigentlich die Wasserqualität verbessern sollte, ein Problem darstellen. Zum Beispiel Wasserenthärtungs-Anlagen, die in Gebieten eingesetzt werden, wo die Wasserhärte (die Menge an gelösten Salzen) sehr hoch ist: Viele Anlagen sind, so zeigten die Tests, nicht optimal eingestellt. Ein Folge davon können überhöhte Natrium-Werte sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2008)

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