Wohltätigkeit macht glücklich

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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US-Forscher zeigten in mehreren Experimenten: Geld steigert nur dann das psychische Wohlbefinden, wenn man es für Geschenke oder Spenden ausgibt.

Can't buy me love“, sangen die Beatles 1964; 44 Jahre später musste Paul McCartney bitter feststellen, dass man Liebe vielleicht nicht kaufen kann, eine Scheidung aber kaufen muss, und zwar um viel Geld. Die allgemeinere Frage liegt nahe: Kann man Glück kaufen? Anders gefragt: Sind Glück und Geld ineinander konvertible Währungen? Viele glauben das, Wörter wie „fortuna“ (Glück, aber auch, vor allem im Plural: Vermögen) oder „Glücksgüter“ sprechen dafür.

Umso erstaunlicher ist es, dass die experimentelle Psychologie fast gar keinen Zusammenhang zwischen Glück und Geld finden kann. Menschen, deren Einkommen sich in den letzten zehn Jahren signifikant erhöht hat, fühlen sich im Durchschnitt nicht glücklicher als solche, deren Budget gleich geblieben ist. Nur am unteren Ende der Skala gibt es eine Korrelation: Armut, die die Existenz unsicher macht, drückt schon auf das Lebensglück.

Also kann man sich Glück wohl nicht kaufen? Doch, sagen Psychologen um Elizabeth Dunn (University of British Columbia, Vancouver, Kanada): Wenn man das Geld für andere ausgibt.

Das schlossen sie zunächst aus der Befragung von 632 Amerikanern, die angaben, wie viel Geld sie monatlich für sich selbst und für andere (Geschenke + Spenden für gute Zwecke) verwendeten. Dazu sollten sie angeben, wie glücklich sie sich fühlen. Ergebnis: Wie viel man sich selbst gönnt, korreliert nicht mit dem Glücksempfinden, der Betrag der Ausgaben für andere sehr wohl.

Vor und nach der Bonuszahlung

Ein zweiter Versuch bestätigte das: 16 Angestellte, die von ihrer Firma eine kräftige Bonuszahlung bekamen, wurden vier Wochen davor und vier Wochen danach befragt, wofür sie ihr Geld verwenden, und wie glücklich sie sind. Ergebnis: Der einzige Faktor, der das Glücksempfinden nach Erhalt des Bonus signifikant beeinflusst, ist die Summe Geld, die man gespendet oder geschenkt hat.

Ein Einwand liegt nahe: Die Korrelation könnte auch aus einer umgekehrten Kausalität kommen; es könnte auch sein, dass Menschen, die sich glücklicher fühlen, mehr schenken und spenden.

Also starteten die Psychologen ein drittes Experiment. 46 Teilnehmer gaben in der Früh zu Protokoll, wie glücklich sie sich fühlten, dann erhielten sie ein Kuvert mit einer kleinen Summe und der Anweisung, wofür sie diese verwenden sollen: Manche sollten sie für sich selbst ausgeben, andere sollten sie für ein Geschenk ausgeben oder spenden. Nach fünf Uhr Nachmittag wurden alle Teilnehmer nach ihrem Befinden gefragt. Wieder das gleiche Ergebnis: Nur Spenden und Schenken erhöhen das Glücksgefühl (Science, 319, S.1687).

Diese Auswirkung karitativer Tätigkeit auf die Befindlichkeit wird freilich schwer unterschätzt, das stellten die Psychologen in einer zusätzlichen Befragung fest. Wenn man steigenden gesellschaftlichen Reichtum in steigendes Glück übersetzen wolle, schreiben sie abschließend, dann empfehle sich, „die Leute dazu zu ermutigen, in andere statt in sich selbst zu investieren“.

Geld senkt die Hilfsbereitschaft

Der Erfüllung dieses Ratschlags steht eines entgegen: Geld beeinflusst den Charakter – und zwar in die Gegenrichtung. Psychologen um Kathleen Vohs (University of Minnesota) zeigten, dass intensives Denken an Geld allein ausreicht, um die Hilfsbereitschaft zu senken und die Neigung zu eigennützigen und einzelgängerischen Aktivitäten zu steigern (Science, 314, S.1154).

Das ist auch schon eine Antwort auf die Frage: Wieso sind wir nicht karitativer, wenn es doch glücklich macht? Eine zweite, ebenso pessimistische Antwort gibt die Evolutionsbiologie: Wir sind konstitutionell keine Epikureer, nicht einmal Hedonisten. In der Evolution haben nicht die Individuen die meisten Nachkommen, die sich am glücklichsten fühlen; also setzen sich auch nicht just die Eigenschaften durch, die besonders glücklich machen.

Was die Neigung zur Wohltätigkeit, evolutionär gesehen, fördern kann, ist allerdings, dass sie einen – wenn man sie öffentlich genug praktiziert – auch für potenzielle Sexualpartner attraktiver macht. Das haben z.B. Forscher um Geoffrey F.Miller gezeigt: Großzügigkeit wirkt wie (sinnloser) Luxus, wie z.B. das Rad eines Pfauen, sie beweist glaubhaft, dass man so viel hat, dass man es sich leisten kann, einiges davon herzugeben. Also: Spenden zahlt sich auf jeden Fall aus.

WAS IST GLÜCK?

Problematisch am deutschen Wort „Glück“ ist, dass es doppeldeutig ist. Man kann Glück haben, z.B. im Spiel oder in der Liebe: Das entspricht dem englischen „luck“. Und man kann glücklich sein, das entspricht dem englischen „happiness“, enthält auch einen starken Beigeschmack von Zufriedenheit. Man muss nicht unbedingt Glück haben, um glücklich zu sein; das demonstriert der märchenhafte „Hans im Glück“. Im nebenstehenden Artikel geht es immer um „happiness“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2008)

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