Schweden: Was Hunde wirklich wollen ...

(c) AP (Michael Sohn)
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Neue schwedische Tierschutzregeln fordern „sozialen Kontakt“ für Haustiere. Damit steigt der Stress für Hundehalter und Katzenbesitzer.

KOPENHAGEN / STOCKHOLM. Für schwedische Haustierhalter wird die Mittagspause künftig zum Stress. Gemütlich lunchen in der nahen Salatbar? Das war mal. Jetzt heißt es heim rasen und mit Mieze schmusen. Die Katze hat Anspruch auf „sozialen Kontakt“, auch untertags. Und wenn Frauchens Büroweg zu weit ist, gibt sie ihren Pudel besser tagsüber in die Hundepension. Ein Hund muss alle sechs Stunden zum Äußerln geführt werden.

So wollen es die neuen Tierschutzregeln des schwedischen Landwirtschaftsamts. Ein langer Tag am Arbeitsplatz und dann erst heim zu Flocki, der sehnsüchtig in der Wohnung harrt – das empfindet künftig nicht nur der Vierbeiner als Tierquälerei.

Alle sechs Stunden an die Luft

Schweden achtet auf eine vorbildliche Tierhaltung: Dort werden Kühe noch auf die Weide geschickt, dort haben Hühner noch Platz, dort sollen Pferde, weil sie Gesellschaft lieben, nicht mehr einsam im Stall stehen müssen. Jetzt hat das Regelwerk auch Hunde und Katzen unter die Fittiche genommen. „Kein Tier soll mehr als acht Stunden alleine sein“, sagt Cheryl Jones Fur, die Haustierexpertin der Agrarbehörde und erwartet viel Verständnis von den Besitzern: „Die meisten wollen ja, dass es ihrem Schützling gut geht, und die neuen Regeln sollen Verhaltensstörungen vorbeugen.“

Dazu gehört das Verbot, Hunde in der Wohnung anzubinden oder außer Hauses permanent anzuketten, was auch in Österreich verboten ist. Käfige sind nur während des Transports oder bei Ausstellungen erlaubt. Hunde, die sich meist drinnen aufhalten, müssen tagsüber alle sechs Stunden Auslauf bekommen, Welpen und Alttiere öfter. Und auch Hunde mit Garten brauchen regelmäßig Luftveränderung und sollen mit Husse, wie Herrchen auf Schwedisch heißt, auf Wanderschaft.

Auch für Katzen gilt: Mindestens zweimal täglich brauchen sie sozialen Umgang mit anderen Lebewesen. Wer Mieze in der Wohnung hält, muss ihr dort Gelegenheit bieten, zu klettern, sich zu verstecken und die Krallen zu schärfen. Auch Katzen, die ins Freie streunen dürften, reicht eine Futterschale und eine Klappe, um ins Haus zu können, nicht. Zumindest zweimal täglich ist Kraulen und Schnurren angesagt.

Teure Tierpensionen

Während die Besitzer der in Schweden schon weit verbreiteten Hundekrippen die neuen Regeln ganz vorzüglich finden und mit neuer Kundschaft rechnen, stoßen auch Blitzumfragen unter Tierhaltern auf viel Zustimmung. „Wer in der Stadt ein Haustier haben will, muss sich auch darum kümmern“, lautet der Tenor. Zu viel der Mühe? „Daran muss man denken, ehe man einen Hund anschafft.“ Nur die Kosten in den Hundepensionen machen so manchem Probleme. Ein Platz kostet schnell einmal 300 Euro im Monat.

Wer die Regeln missachtet, riskiert den Besuch des Tierschutzinspektors. Der kann zwar keine Strafen verhängen, aber in krassen Fällen die Zwangsentfernung des misshandelten Tieres verfügen. Bei schweren Schädigungen gibt es eine Anzeige, dafür sieht das Gesetz auch Freiheitsstrafen vor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2008)

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