Jemen: Achtjährige kämpft um ihre Scheidung

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Ein kleines Mädchen löst eine Debatte um das Mindestalter zur Ehe im Islam aus.

Sana'a/Wien(zoe). Nujood Ali will sich scheiden lassen. An und für sich nichts Außergewöhnliches. Doch Nujood Ali lebt im islamischen Jemen, wo Scheidungen ohnehin schwierige Angelegenheiten sind. Und sie ist noch dazu erst acht (!) Jahre alt.

Das Mädchen war von ihren Eltern an einen um 22 Jahre älteren Mann verheiratet worden. Ihm wirft sie nun vor einem Gericht in Jemens Hauptstadt Sana'a psychischen und sexuellen Missbrauch vor. Auch ihren Vater klagt die Achtjährige an, weil er sie zur Ehe gezwungen hat.

„Mein Vater schlug mich und befahl, den Mann zu heiraten“, berichtete das Mädchen der Zeitung „Yemen Times“. Zwei Monate lang ertrug sie Vergewaltigungen und Schläge durch ihren 30-jährigen Ehemann, bevor sie vor Gericht ging. In den Augen der Justiz kann das Mädchen aber keine Scheidung verlangen, da sie minderjährig ist. Dazu würde sie die Zustimmung ihrer Eltern oder ihres Mannes brauchen. Ein Richter beim Obersten Gericht, Muhammed Al-Qathi, nahm das Mädchen unter seine Fittiche und ordnete die Verhaftung der Männer an, die sich in Untersuchungshaft befinden.

Nujood Ali dürfte zwar die erste Minderjährige im islamischen Jemen sein, die sich scheiden lassen will. Sie ist aber nicht die einzige Minderjährige, die ohne ihre Zustimmung verheiratet wird. Aus einem Unicef-Bericht geht hervor, dass etwa 50 Prozent aller Frauen im Jemen zur Ehe gezwungen werden, bevor sie 18 Jahre sind. Die meisten dieser Mädchen stammen aus armen Familien und sind niemals auf eine Schule gegangen.

Ab neun darf geheiratet werden

Der Fall der Achtjährigen hat in Jemens Parlament eine Debatte über das Mindestalter zur Eheschließung ausgelöst. Doch ein Anheben auf 18 schmetterte das Parlament ab. Erst vor einigen Jahren wurde das Alter von 15 auf jenen Zeitpunkt herabgesetzt, zu dem die Pubertät einsetzt – und der wird im Jemen mit neun Jahren festgelegt. Laut Unicef konnte aber das durchschnittliche Alter von Eheschließungen im Land von 10,24 Jahren auf „immerhin“ 14,70 angehoben werden.

Jemens Nationales Frauen-Komitee, das für eine Verbesserung der Frauenrechte kämpft, bezeichnete die gängige Praxis „weder islamisch, noch human“ und fordert eine Gesetzesänderung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2008)

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