USA: Schwere Rassenunruhen in Missouri

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Im Raum St. Louis stürmen Schwarze Supermärkte und liefern sich Straßenschlachten mit Sicherheitskräften. Der Auslöser: Ein Polizist hat einen 18-jährigen Afroamerikaner getötet.

St. Louis. Im zentralen US-Bundesstaat Missouri brachen in der Nacht auf Montag schwere Unruhen aus, nachdem ein Polizist am Samstagabend einen schwarzen Jugendlichen erschossen hatte. Aufgebrachte Massen stürmten und plünderten in der Kleinstadt Ferguson (rund 20.000 Einwohner) in der Nähe der Hauptstadt St. Louis Geschäfte und Supermärkte, zündeten Gebäude und Fahrzeuge an und lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei.

Die Unruhen weiteten sich im Lauf der Nacht auch auf andere Regionen im Umfeld von St. Louis aus. Über Opfer war vorerst nichts bekannt, ein Polizeisprecher meldete nur „zahlreiche Verhaftungen“. Aus Krankenhäusern der Unruheregion kamen ebenfalls vorerst keine Angaben dazu, ob jemand eingeliefert worden sei.

Ferguson ist eine mehrheitlich (zu mehr als zwei Dritteln) von Afroamerikanern bewohnte Stadt. Was sich dort genau am Samstagabend zugetragen und die Gewaltausbrüche losgetreten hat, dazu gibt es divergierende Berichte. Sicher ist, dass ein 18-jähriger Schwarzer namens Michael Brown zu Fuß auf der Straße unterwegs war und auf irgendeine Weise in Konflikt mit der Besatzung eines vorbeifahrenden Polizeiautos geriet. Einer seiner Freunde, der mit dem jungen Mann unterwegs war, sagte dem Sender KTVI, sie seien auf der Straße gegangen und von einem Polizisten im Streifenwagen aufgefordert worden, den Gehsteig zu benutzen. Es habe einen Wortwechsel gegeben, dann habe der Polizist mehrfach aus dem Auto heraus auf den Jugendlichen geschossen und ihn so getötet.

„Körperliche Konfrontation“

Die Polizei stellt die Sache anders dar: „Die Ursache des Ganzen war eine körperliche Konfrontation“, sagte Jon Belmar, Chef der Polizei von St. Louis. Demnach habe der Beamte, dessen Name und Ethnie nicht angegeben wurden, versucht, das Auto zu verlassen, worauf er von dem Jugendlichen angegriffen und in das Auto zurückgedrängt worden sei. Angeblich habe es ein Gerangel um die Dienstwaffe gegeben – jedenfalls behielt der Polizist dabei die Oberhand, denn Brown wurde am Ende in etwa drei bis vier Metern Entfernung vom Wagen von mehreren Schüssen aus der Waffe niedergestreckt.

Viele Zeugen sagten seither, die Behauptung der Polizisten sei falsch. Hunderte wütende Einwohner versammelten sich zunächst zu spontanem Protest am Tatort. Die Stadt musste zusätzliche Sicherheitskräfte mobilisieren, um die Menschenmenge und den Leichnam zu sichern. Sie hätten Stunden gebraucht, um den jungen Mann abzutransportieren, sagte Fergusons Polizeichef, Thomas Jackson. Gegen den Schützen, der seit sechs Jahren Polizist ist, werde ermittelt.

Michael sei ein „guter Kerl“ gewesen und auf Besuch bei seiner Großmutter in Ferguson gewesen, sagte unterdessen seine Mutter am Montag; der junge Mann hätte demnach gestern, Montag, seinen ersten Tag am College gehabt.

Eine Geschichte der Gewalt

Die USA haben eine lange Geschichte gewaltsamer Zwischenfälle zwischen Polizisten und schwarzen Bürgern, die ins Visier der Beamten geraten und dabei mit „unverhältnismäßiger Gewalt“ behandelt werden. Nicht selten geht das tödlich aus: So wurde im Februar 2012 der 17-jährige Trayvon Martin in Sanford, Florida, von einem Wachmann hispanischer Herkunft bei einem Raufhandel erschossen. Der Wachmann sprach von Notwehr und wies tatsächlich Verletzungen auf, er wurde wegen Mordes angeklagt, aber freigesprochen, was die Rassismusdebatte befeuerte.  (APA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2014)

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