Ebola: Jeder dritte Bürger unter Quarantäne

Eine schwangere Frau wird in Freetown verarztet, sie könnte an Ebola erkrankt sein.
Eine schwangere Frau wird in Freetown verarztet, sie könnte an Ebola erkrankt sein.(c) REUTERS
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Im Kampf gegen die Seuche lässt der Präsident des stark betroffenen Sierra Leone zwei Millionen Menschen von der Außenwelt abriegeln.

Wien/Freetown. Präsident Ernest Bai Koromahatte drastische Maßnahmen zu verkünden, als er sich erneut in einer Fernsehansprache an sein Volk wandte: Im Kampf gegen die Ebola-Seuche sollen weitere 1,2Millionen Menschen in Sierra Leone unter Quarantäne gestellt werden. Betroffen sind die nördlichen Distrikte Port Loko und Bombali sowie das südlichere Moyamba. „Sie werden mit sofortiger Wirkung isoliert“, erklärte Koroma.

Zwei weitere der 14 Distrikte des Landes, nämlich Kenema und Kailahun im Osten, waren schon zuvor von der Außenwelt abgeriegelt. Mit den neuen Maßnahmen kann sich nun mehr als ein Drittel der sechs Millionen Bewohner nicht mehr frei bewegen.

Die Quarantäne werde den Menschen in den betroffenen Gebieten große Probleme bereiten, räumte Koroma ein:. „Das Leben aller und das Überleben unseres Landes haben aber Vorrang vor diesen Schwierigkeiten“, erklärte der Präsident. Bis Sonntag war in Sierra Leone bereits eine landesweite Ausgangssperre verhängt gewesen. 30.000 Helfer gingen dabei von Tür zu Tür – und entdecken 150 neue Fälle der tödlichen Krankheit. Das Virus soll sich auch in der Hauptstadt Freetown ausbreiten.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) legte am Donnerstag neue, besorgniserregende Zahlen zur Ebola-Seuche vor: Demnach nähert sich die Zahl der Opfer in Westafrika der 3000er-Marke. 2917Menschen starben an dem Virus. Die meisten Todesfälle gab es mit 1667 in Liberia. Dahinter folgen Guinea (635), wo sich die Lage zuletzt aber stabilisiert hat, und Sierra Leone (597). Die Zahl der Infizierten in Westafrika stieg auf 6236.

Nigeria „Ebola-frei“

Mit dem Ebola-Virus Infizierte leiden an Fieber, Muskelschmerzen, Durchfall sowie in heftigen Fällen an inneren Blutungen und Organversagen.

Doch es gab auch eine gute Nachricht, der Präsident von Afrikas bevölkerungsreichstem Land verkündete sie: „Wir können heute getrost sagen, dass Nigeria Ebola-frei ist“, sagte Präsident Goodluck Jonathan in der Nacht auf Donnerstag vor der UN-Vollversammlung in New York. Der Leiter des Ebola-Notfallzentrums in Lagos, Faisal Shuaib, stufte die Bekanntgabe aber als etwas vorschnell ein: Der Ebola-Ausbruch könne erst 42Tage nach dem jüngsten bekannten Ebola-Fall als beendet angesehen werden, sagt er. Laut WHO wurden allerdings erst seit dem 8.September keine neuen Infektionen aus dem Land gemeldet. Demnach könnte das Land erst am 20.Oktober für „Ebola-frei“ erklärt werden. Nach Angaben der WHO gab es bisher in Nigeria 20 bestätigte Ebola-Fälle, acht der Patienten starben an dem Virus.

G7 wollen „Rettungskette“

Am Rand des UN-Gipfels wollten die Industrienationen der G7 gestern auch eine Art Rettungskette für jene Helfer beschließen, die sich in Westafrika mit dem Ebola-Erreger infizieren. Dies geht aus dem Entwurf für die Abschlusserklärung zu einem Treffen der G7-Außenminister in New York hervor.

Nach Angaben aus Delegationskreisen sollen Helfer eine Garantie bekommen, bei einer Infektion ausgeflogen und medizinisch behandelt zu werden. Die G7-Staaten (USA, Kanada, Großbritannien, Japan, Frankreich, Italien und Deutschland) äußerten sich zutiefst besorgt über das Ausmaß der Epidemie. Sie müsse unbedingt eingedämmt werden. Zugleich dürften aber die betroffenen Staaten selbst keinesfalls isoliert werden. (ag.)

AUF EINEN BLICK

In Sierra Leone stehen mittlerweile fünf der 14 Distrikte wegen der Ebola-Seuche unter Quarantäne. Rund zwei Millionen Menschen sind betroffen. Das Ebola-Virus hat in Westafrika offiziell bereits 2917 Menschen getötet, die meisten davon in Liberia (1667). Nigerias Präsident Goodluck Jonathan erklärte sein Land unterdessen für „Ebola-frei“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2014)

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