Ebola-Infizierte wurde tagelang ignoriert

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Neue Verdachtsfälle in Madrid sorgen für Panik. Wut auf Behörden wächst. Ebola-Patient in den USA gestorben.

Madrid. In Spanien wächst die Angst vor einer Verbreitung des Ebola-Virus: Am Mittwoch wurde bekannt, dass sich in Madrid möglicherweise noch mehr Personen infiziert haben könnten. Damit erhöhte sich die Zahl der Patienten, die sich in der Madrider Klinik CarlosIII. in Quarantäne befinden, auf sechs. Davon sind vier Krankenschwestern, die zuvor im Spital zwei Ebola-Kranke gepflegt hatten. Dutzende Personen, die mit dem Virus in Kontakt gekommen sein könnten, stehen unter Beobachtung.

Zweifelsfrei nachgewiesen wurde die lebensgefährliche Krankheit aber bisher erst bei der spanischen Krankenschwester Teresa Romero, die seit Dienstag im Krankenhaus CarlosIII. behandelt wird. Die 44-Jährige gehörte zum Pflegeteam, das im August und September zwei an Ebola erkrankte spanische Missionare versorgt hatte. Die beiden Geistlichen sind gestorben. Zu den weiteren fünf Verdachtsfällen gehören drei Krankenschwestern, die ebenfalls die beiden aus Westafrika nach Spanien geflogenen Ordensbrüder gepflegt hatten, sowie ein spanischer Ingenieur, der mit Ebola-Symptomen aus Nigeria zurückkam. Krankheitssymptome weist inzwischen auch der Ehemann der infizierten Schwester auf.

Nach dem überraschenden Auftreten des Virus in Spanien wuchs in der Öffentlichkeit die Kritik an den Gesundheitsbehörden. Der Fall der Krankenschwester hatte grobe Nachlässigkeit bei den Schutzmaßnahmen deutlich gemacht: Die Pflegerin hatte tagelang über Symptome geklagt, war aber zunächst mit einer Grippediagnose nach Hause geschickt worden. Gestern wurde ihre Wohnung in einem Madrider Vorort von einem Reinigungstrupp, der in Schutzanzügen anrückte, desinfiziert.

Der Hund der Ebola-Kranken, der sich noch in der Wohnung befand, sollte zwangsweise eingeschläfert werden. Ehemann Javier Limón hatte vergeblich gebeten, den Mischling namens Excalibur zu retten und nicht zu töten. Bis gestern hatten mehr als 300.000 Menschen eine Petition auf der Plattform change.org unterschrieben, in der gefordert wurde, „den Hund unter Quarantäne zu stellen“.

Wie sich die erfahrene Krankenschwester anstecken konnte, wird derzeit noch untersucht: Die Gesundheitsbehörden ließen wissen, dass die Schwester möglicherweise beim Ausziehen des Schutzanzuges mit dem Virus in Berührung gekommen sei. Die Erkrankte selbst sagte der Zeitung „El Pais“ in einem Telefoninterview: Das Ablegen der Schutzkleidung „ist der kritischste Moment“. Ein Sprecher des Spitals mutmaßte, dass Teresa Romero eventuell mit ihren Schutzhandschuhen das Gesicht berührt haben könnte.

Pflegeverbände und Gewerkschaften warfen den Behörden derweil schwere Versäumnisse vor: Das Personal sei auf den Umgang mit der Ebola-Epidemie weder ausreichend vorbereitet noch mit angemessener Schutzkleidung ausgestattet worden. Das Krankenhaus CarlosIII., wo der Virus außer Kontrolle geriet, sei nach harten Einsparungen nicht mehr für die Epidemiebehandlung geeignet. Auch spanische Medien kritisierten, dass eine „Kette von Fehlern“ die Ebola-Krise erst möglich gemacht habe. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft. Premier Mariano Rajoy rief die Bevölkerung auf, „Ruhe zu bewahren“ und versprach eine Untersuchung. Gesundheitsministerin Ana Mato lehnte einen Rücktritt ab.

Eine Hiobsbotschaft kam aus den USA: In einem Spital in Dallas starb Thomas Eric Duncan. Er hatte sich in Liberia mit dem Ebola-Virus infiziert. Die Krankheit wurde erst nach der Einreise in die USA diagnostiziert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2014)

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