Lost in Tunesien: Bericht eines geprellten Reisenden

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Einem Österreicher wurde in Tunesien sein Motorrad gestohlen. Er durfte deshalb eine Woche lang nicht ausreisen und musste mehr als 3000 Euro bezahlen - Strafen inklusive.

Es sollte ein schöner Motorrad-Urlaub in Tunesien werden. Erwin G. fuhr zusammen mit einem Bekannten mit der Fähre von Genua nach La Colette und dann 4800 Kilometer durch die Wüste. Doch in der vorletzten Nacht der Reise wurde sein Motorrad gestohlen. Das alleine ist schon ärgerlich, doch die folgenden Schikanen stellen den Verlust seiner Yamaha XT 600 von einem bewachten Hotelparkplatz noch in den Schatten.

Kein Motorrad, keine Ausreise

Sofort wurde eine Diebstahlsanzeige bei den lokalen Behörden in Hammamet erstattet. Die Hoffnung, das Motorrad, von Yamaha Binder wüstentauglich umgebaut, je wieder zu bekommen war von Anfang an gering. Genau dieser Umstand führte zu den großen Problemen: Herr G. durfte nicht mehr aus Tunesien ausreisen. Denn in seinem Reispass war sein Motorrad eingetragen - und deshalb mit ihm verbunden. Die Behörden dürften trotz Diebstahlsanzeige den Verdacht hegen, er habe die Maschine verkauft. Daher gab es nur zwei Möglichkeiten: Mit dem Motorrad wieder ausreisen - oder die Zollstrafe von rund 1200 Euro bezahlen.

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Wenig Hilfe von der Botschaft

Die österreichische Botschaft erwies sich als wenig hilfreich. Die einzige Auskunft, die Erwin G. dort erhielt, war eine Telefonnummer eines örtlichen Anwalts. Dieser jedoch verlangte noch vor jeder Auskunft ein Honorar von 900 Euro, um sich überhaupt mit dem Fall zu befassen. Die Warnung, nachdem Erwin G. die Dienste des Anwalts ablehnte, war gratis: "Wir sind hier in Afrika. Hier gelten andere Gesetze als in Europa."

"Europäer sind reich und deppert"

Nach Ansicht von Erwin G. düften Europäer in Tunesien grundsätzlich als "reich und deppert" angesehen werden. In dieser Meinung wurde er auch von einem österreichischen Anwalt bestärkt, mit dem er während seines unfreiwilligen Aufenthalts telefonierte. Dieser riet ihm, einfach alle Strafen zu bezahlen, um möglichst bald wieder ausreisen zu dürfen.

Kein Geld in Tunesien

Bereit, die - ungerechtfertigte - Strafe zu bezahlen, machte sich Erwin G. auf den Weg zur nächsten Bank. Doch leider ist es in Tunesien nicht so einfach, Geld von einem Konto in Österreich zu beheben. Genauer gesagt war es nicht möglich. Mastercard, Visa, Diners Club - keine Chance. Glücklicherweise streckte die Hotelbesitzerin die volle Summe vor. So konnte Erwin G. nach einer Woche Spießrutenlauf durch den tunesischen Behördendschungel endlich nach Hause fliegen.

Gesamt bezifferte Erwin G. die Gesamtkosten mit rund 3000 Euro - inklusive aller Strafen, dem neuen Flugticket und diversen "Wechselgeldern" für die lokalen Behörden. Sein Reisebegleiter war wie ursprünglich geplant abgereist und ließ Erwin G. alleine in Tunesien zurück. Seit der Reise ist der Kontakt abgebrochen.

Reisewarnung des Außenministeriums

Das österreichische Außenministerium hat schon im März 2008 eine partielle Reisewarnung für Tunesien veröffentlicht, allerdings nur für das südliche Grenzgebiet zu Algerien. Erwin G. wurde das Motorrad in Hammamet gestohlen - im angeblich sicheren Teil des Landes. Außerdem rät das Ministerium dazu, sich vor Reisen in die Sahara mit der österreichischen Vertretung in Tunis in Verbindung zu setzen. Wie es wohl auch Erwin G. hätte tun sollen.

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