Messner: „Der K2 ist eben kein Klettergarten“

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Der Südtiroler Extrem-Bergsteiger Reinhold Messner kritisiert die zunehmende Kommerzialisierung des Alpinismus, die zu immer mehr Opfern führe.

Islamabad/ Wien. Mindestens elf Tote auf dem K2 im Himalaya; zwei in den Tod gestürzte Bergsteiger am Zinalrothorn bei Zermatt; zwei Todesopfer bei einem Extremlauf auf die Zugspitze; der tödliche Sturz des Südtiroler Bergsteigers Karl Unterkircher in eine Gletscherspalte am Nanga Parbat, tagelanges Bangen um seine zwei Kameraden, die schließlich gerettet werden konnten.

„Diese Häufung kann man nicht deuten“, sagt der Südtiroler Extrembergsteiger Reinhold Messner, „es ist ein Zufall.“ Zugleich betont er, dass „der Unfall am Nanga Parbat etwas ganz anderes war als jener am K2“. Am Nanga Parbat, auf dem übrigens auch Messners Bruder Günther 1970 ums Leben kam, haben „sehr gute Bergsteiger etwas sehr Gefährliches versucht“. Dabei habe es leider einen Unfall gegeben, „wie sie auch weiter passieren werden. Erfahrene Bergsteiger trachten, selbst bei extremen Herausforderungen die Gefahren gering zu halten, aber ab und zu sind sie nicht ganz auszuschalten.“

Anders auf dem K2, wo am vergangenen Wochenende mindestens elf Bergsteiger einer Gruppe ums Leben kamen. „Da waren 25 Leute unterwegs, wie so oft bei internationalen oder kommerziellen Expeditionen. Viele Leute buchen heutzutage Reisepakete, alles inklusive. Heute der K2, morgen der Mount Everest. Im Gänsemarsch steigen sie dann auf einer präparierten Piste auf.“

Dieser Alpinismus zeichnet sich laut Messner dadurch aus, dass die meisten „nicht in Eigenverantwortung hinaufgehen und um die Risiken zu wenig Bescheid wissen“. Solchen Bergsteigern fehle die Erfahrung, wie sie in Schlechtwetterperioden oder ohne Sicherungsseile reagieren müssten.

Internationale Gruppe

Unter den Opfern des Unglücks am K2 befinden sich drei Koreaner, zwei Nepalesen, zwei Pakistaner, ein Norweger, ein Serbe, ein Ire und ein Franzose. Bei einem Rettungseinsatz der pakistanischen Armee konnten am Montag zwei Niederländer gerettet werden, die nach der Eislawine nahe dem 8611 Meter hohen Gipfel ausgeharrt hatten. Sie haben schwere Erfrierungen erlitten, sodass ihnen möglicherweise Gliedmaßen amputiert werden müssen. Bei einem zweiten Flug wollten die Rettungskräfte noch italienische Bergsteiger in Sicherheit bringen, was aber nicht gelang, da der Hubschrauber in dieser Höhe nicht mehr fliegen konnte. Sie versuchten gestern, zu Fuß abzusteigen.

Die beiden Österreicher Christian Stangl und Thomas Strausz waren der Eislawine entkommen, weil sie sich noch unterhalb der Unglücksstelle befanden. Sie möchten am Dienstag ihre Zelte im Basislager abbrechen und früher als geplant nach Österreich zurückkehren. Skyrunner Stangl hatte den K2 in einer Rekordzeit besteigen wollen. Sein Ziel: binnen 24 Stunden vom Basislager (auf 5000 Meter Höhe) zum Gipfel.

„Trophäe“ im Tourenbuch

Der Einsturz einer Eiswand hatte das bisher schwerste Unglück auf dem K2 ausgelöst. Einige Kletterer wurden von den Eisbrocken erschlagen; andere saßen weiter oben fest, da ein Stück des Fixseils von der Eislawine mitgerissen worden war. Mehrere von ihnen wurden von einer mächtigen zweiten Lawine erfasst. Mindestens zwei sollen bereits beim Aufstieg gestorben sein.

„Man kann den K2 eben nicht sicher machen, wie dieser Unfall wieder zeigt“, sagt Messner. Der zweithöchste Berg der Welt sei „eben kein Klettergarten“. Die Reiseveranstalter, die solche Pakete anbieten, sind für ihn Rattenfänger. „Aber es gäbe sie nicht, wenn keine Nachfrage vorhanden wäre.“ Von reichen Leuten, die sich so etwas leisten können, aber keine guten Bergsteiger sind.

Nach Einschätzung Reinhold Messners wollen diese „nicht das Erlebnis, sondern die Trophäe im Tourenbuch, die sie sich von der Stange holen“. Wobei der Südtiroler betont, dass er diese Art des Alpinismus nicht kritisiere, sondern einfach nur feststelle: So ist es. „Ich beschreibe das seit 20 Jahren, aber es hat nichts genützt. Mit meiner Art von Bergsteigen hat das nichts zu tun.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2008)

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